Grund dafür seien der Sieg einer islamistischen Partei in Tunesien und die Ankündigung des libyschen Übergangsrats, die zukünftige Verfassung an der Scharia ausrichten zu wollen: "Eine solche islamische Partei wird einem Muslim niemals das Recht zugestehen, seinen Glauben aus Gewissensgründen abzulegen und Christ oder Atheist zu werden. Und sie wird diese religiös motivierte Einschränkung der Menschenrechte politisch durchsetzen wollen", sagt Fenbert laut einer Mitteilung des Hilfswerkes. Dies führe zu einer unzulässigen Vermischung von Religion und Politik.
Den antihumanen Kräften den Schrecken nehmen
Ziel der Islamisten sei es, eine homogene islamische Gesellschaftsordnung zu schaffen, die idealerweise von einem Geistlichen als politischen Führer geleitet wird und in der für Andersgläubige kein Platz sei. Der Ausdruck "gemäßigt islamistisch" zeugt aus Fenberts Sicht von dem Versuch, dem Sieg antihumaner Kräfte in den Ländern des "Arabischen Frühlings" seinen Schrecken zu nehmen.
Deutsche Touristen und der Außenminister würden von der fortschreitenden religiösen Radikalisierung dieser Länder wenig mitbekommen, "denn für Geld machen selbst Islamisten Ausnahmen von ihren angeblich so hehren Moralvorstellungen". Die zukünftige Entwicklung hänge davon ab, wie stark sich die freiheitlich-demokratischen Kräfte einigen und ein Gegengewicht zu den Islamisten bilden könnten: "Dafür benötigen diese wirklich gemäßigten Parteien die Unterstützung des Westens", so Fenbert.
Christen werden gewisse Ämter verwehrt
Von echter Religionsfreiheit in diesen Ländern könne schon deswegen keine Rede sein, weil den Christen zwar die Ausübung ihres Glaubens erlaubt sei, sie aber in vielerlei Hinsicht diskriminiert und unterdrückt würden. Dies könnten Schwierigkeiten bei der Wahl des Arbeitsplatzes sein oder das Verwehren gewisser Ämter: "Wir befürchten, dass diese gesellschaftlich geduldete Diskriminierung in Zukunft noch weiter politisch zementiert wird", mahnt sie.
Prinzipiell stelle sich die Frage, wie demokratiefähig islamische Gesellschaften wirklich seien und wie die muslimische Mehrheit mit der andersgläubigen Minderheit umgehen werde. Ägypten könne als bevölkerungsreichstes Land der Region bei der anstehenden Präsidentschaftswahl Maßstäbe setzen. Das Massaker an koptischen Demonstranten am 9. Oktober in Kairo habe gezeigt, dass religiöse Gründe als Vorwand für die Machtdemonstration des Militärs vorgeschoben wurden.
Schulterschluss mit den demokratischen Kräften vor Ort suchen
Aufgrund der derzeitigen Lage erwartet Fenbert von der westlichen Politik, "dass sie ihre Hilfen für Ägypten deutlicher an demokratische und rechtsstaatliche Bedingungen knüpft als bisher und den Schulterschluss zu den demokratischen Kräften vor Ort sucht". Andernfalls werde die Demokratie in Ägypten scheitern und die Ureinwohner des Landes, die koptischen Christen, weiter unterdrückt, ermordet und vertrieben.
"Kirche in Not" hatte viele Länder des "Arabischen Frühlings" bereits vor der Revolution für die Missachtung der Religionsfreiheit gerügt. Das Hilfswerk mit Sitz in München unterstützt verfolgte, bedrängte und Not leidende Christen in über 130 Ländern. (pro)