Kirche: Grundlagenpapier zur Passion Christi

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat am Donnerstag einen Grundlagentext zur Bedeutung von Leiden und Sterben Jesu Christi vorgelegt. Er ist nicht allein an Christen adressiert. Die Kirche beantwortet darin wichtige Fragen zum Sinn von Jesu Tod.
Von PRO
Die EKD legt mit „Für uns gestorben“ einen Grundlagentext zur Bedeutung von Leiden und Sterben Jesu Christi vor
Der gefolterte Jesus hängt am Kreuz von Golgatha. Durch seinen Tod am Kreuz sind die Sünden der Menschen vergeben. Diese Bild kennzeichnet die Basis des christlichen Glaubens. Die Kammer für Theologie der EKD hat einen Grundlagentext zur Bedeutung von Leiden und Sterben Jesu Christi erarbeitet. Sie hat sich mit Fragen auseinander gesetzt wie: „Was heißt es, dass Gott uns liebt?“ oder „Was heißt es, dass er sich in Jesus Christus für uns ans Kreuz schlagen ließ?“ Der Text „Für uns gestorben. Die Bedeutung von Leiden und Sterben Jesu Christi“ soll Zugänge zu diesem Glauben eröffnen. Er sei eine Orientierungshilfe und ganz bewusst für breitere Kreise geschrieben worden, teilt die EKD mit. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm schreibt im Geleitwort: „Dieses Buch ist nicht nur an Christinnen und Christen in der Evangelischen Kirche adressiert, sondern ist ein Gesprächsangebot an alle, die nach Bedeutung und Sinngehalt des christlichen Glaubens fragen, auch dann, wenn sie diesen nicht teilen oder ihm sogar ablehnend gegenüberstehen.“ Ein theologisches Memorandum für Experten möchte die Schrift nicht sein.

Nur beides zusammen: Kreuz und Ostern, Tod und Auferstehung

Die Schrift zeigt, dass es unterschiedliche Möglichkeiten für Christen gibt, auf das Evangelium von Christi Sterben und Auferstehen zu reagieren: „von der selbstverständlichen Grundlage des Alltags zum besonderen Feiertag, vom Mitempfinden mit Christus zur Betrachtung des Vorbildes, von der Betonung des Kreuzes zu der des Osterfestes“. In „Für uns gestorben“ schreibt die EKD-Kammer aber auch: „Doch jeder christlichen Frömmigkeit, gleich welcher Form oder Zeit, ist das Ganze anvertraut und zugemutet, denn nur beides zusammen – Kreuz und Ostern, Tod und Auferstehung – ist eine verlässliche Lebensgrundlage.“ Um das Kreuzgeschehen zu verstehen, seien Aussagen des Neue Testaments von tragender Wichtigkeit. Deshalb beschäftigt sich die EKD-Schrift anfangs damit. Es folgen geschichtlich orientierte Kapitel, die Einblicke in wichtige Weichenstellungen der Kreuzestheologie in die Geschichte des christlichen Denkens geben. Die reformatorische Theologie und Frömmigkeit erhält eine zentrale Bedeutung. Der Text geht zudem der jüngeren und jüngsten Geschichte der evangelischen Frömmigkeit nach. Auch auf die vermittelte Kreuzestheologie in Jesus-Filmen, Kirchenlieder oder Passionskonzerten geht das Papier ein. Gesprächsimpulse sollen die abschließenden 41 Fragen mit dazugehörigen Antworten geben wie etwa „Ist Jesus von Nazareth wirklich gekreuzigt worden?“, „Kann man nicht auch an den christlichen Gott glauben, ohne dem Tod Jesu eine so hohe Bedeutung beizumessen?“ oder „Wollte Gott Blut sehen, um seinen Zorn zu besänftigen?“

Lob und Kritik am Papier

Der Theologe und Prorektor der Freien Theologischen Hochschule (FTH) Gießen, Stephan Holthaus, findet in dem Grundlagentext positive und negative Punkte. Gegenüber pro erklärte er: „Der EKD ist hoch anzurechnen, dass Sie sich mit dem zentralen Kern des christlichen Glaubens, dem Tod und Sterben Jesu Christi, auseinandersetzt und ihn dem modernen Menschen verständlich machen will. Gut ist, dass man sich dabei intensiv auf die Bibel bezieht.“ Kritisch sieht Holthaus, dass sich das Papier um die konkrete Aussage herum windet, dass Menschen ohne Glauben an Jesus verloren gehen. Die Antwort auf die Frage „Was wird dann aus den Menschen, die nicht an Gott, geschweige denn an Jesus Christus glauben?“ tendiert in Richtung Allversöhnungslehre. Der Begriff „Hölle“ ist nur in den theologie- und frömmigkeitsgeschichtlichen Passagen erwähnt, ebenso „Verdammnis“. Der Theologe sagt: „Schade ist, dass die Botschaft von Gericht, Verdammnis und ewiger Verlorenheit praktisch nicht vorkommt. Auch wenn es nicht gerne gehört wird: Auch das gehört untrennbar zur versöhnenden Erlösungsbotschaft des Kreuzes Christi.“ Kirchenhistoriker Christoph Markschies hat an dem Text federführend mitgearbeitet. Der Vorsitzende der Kammer für Theologie der EKD sagte laut jesus.de: „Der EKD-Grundlagentext zeichnet eine mittlere Linie zwischen denjenigen, die unter allen Umständen an der klassischen Gestalt der Sühnopfer-Vorstellung festhalten wollen und den anderen, die die sie sofort streichen wollen.“ Es sei darum gegangen, „ruhig und sachlich“ die Befunde darzustellen. Markschies sieht als Vertreter der EKD-Kammer „eigentlich keine Schwächen in ihrem Grundlagentext“. Er bestreitet gegenüber pro, dass der Text Allversöhnungslehre beinhalte. Die Kammer bringe in ihren Grundlagentexten „nicht sämtliche Stichwörter unter, über die man auch noch Grundlagentexte schreiben könnte“. „Gänzlich absurd wäre es, aus dem Fehlen bestimmter Begriffe in einem Kammertext zu schließen, dass die Kammer die mit diesen Begriffen bezeichneten Sachzusammenhänge nicht vertritt oder nicht für einen Teil sachgemäßer theologischer Lehre hält.“ Und weiter: „Die Sensibilität, mit der der jetzt vorgelegte Kammertext dem biblischen Befund gerecht zu werden versucht, sollte eigentlich vor solchen Fehlschlüssen bewahren.“

Antwort auf „Warum musste Jesus sterben?“

Warum Jesus sterben musste, beantwortet die Schrift etwa so: „Im Horizont der neutestamentlichen Texte musste er sterben, um den Menschen eine neue Lebensperspektive zu eröffnen. Mit seinem Leiden und Sterben, in dem Gott gegenwärtig war, sollte er die heillose Situation von Menschen überwinden.“ Die einzelnen Antworten orientierten sich am „kreuzestheologischen Gehalt des Christusbekenntnisses der Kirche und entfalten, präzisieren und pointieren ihn in der Perspektive der konkret gestellten Frage“. Leser könnten sich auch mit den Fragen beschäftigen, ohne gleich die dazugehörigen Antworten zu lesen. Der Grundlagentext „Für uns gestorben“ lässt die Bibel ausführlich zu Wort kommen. Das 192-Seiten-Büchlein ist allerdings viel zu lang und teilweise kompliziert für das Ziel, was sich die EKD gesetzt hat. Der Text solle sich nicht nur an Christen der Evangelischen Kirche wenden, sondern sei für einen breiteren Kreis geschrieben. Es ist zu bezweifeln, dass diese Schrift ein breitere Lesepublikum über theologisch Interessierte hinaus findet. (pro)
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