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Kirche als „der verlängerte rot-grüne Arm“

„Das Christentum ist weitgehend zur Folklore verkümmert“, schreibt der deutsch-israelische Historiker Michael Wolffsohn. Den politischen Wettbewerb mit der Politik könne die Kirche nur verlieren.
Von Jörn Schumacher
„Wir leben in einer entchristlichten Gesellschaft“, schreibt der Historiker Michael Wolffsohn in einem Beitrag in der Schwäbischen Zeitung

Foto: pro/Martina Schubert

„Wir leben in einer entchristlichten Gesellschaft“, schreibt der Historiker Michael Wolffsohn in einem Beitrag in der Schwäbischen Zeitung

„Wir leben in einer entchristlichten Gesellschaft“, schreibt Michael Wolffsohn in der Schwäbischen Zeitung. „Nur noch eine Minderheit der deutschen und westeuropäischen Christen weiß, warum Feste wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten gefeiert werden und was der Advent – außer dem Adventskranz – bedeutet.“ Er schlussfolgert: „Deutschland ist mehr oder weniger eine Heidenrepublik.“

Nicht einmal der Weihnachtsbaum habe ursprünglich etwas mit dem Christentum zu tun, stellt der Historiker, der bis 2012 an der Universität der Bundeswehr München Neuere Geschichte lehrte, fest. „Religion spielt für die alteingesessene deutsche und westeuropäische Gesellschaft eine immer geringere Rolle. Das ist nicht allein auf das Versagen der katholischen und evangelischen Kirche zurückzuführen.“

Bundesdeutsche Repräsentanten der Protestanten müssten „höllisch aufpassen, dass sie den Himmel nicht aus den Augen verlieren“. Besonders die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) stelle sich nicht selten wie „der verlängerte rot-grüne Arm“ dar. Wolffsohn warnt: „Man sollte Kirchenvertreter daran erinnern, dass Politiker auf der Politik-Klaviatur besser spielen können als sie. Den politischen Wettbewerb mit der Politik kann die Kirche nur verlieren.“

„Muslime kennen ihre Religion in ihrer Wortwörtlichkeit“

Wolffsohn erinnert an einen Besuch von Kardinal Reinhard Marx und dem EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm vor einem Jahr in Jerusalem. „Sie meinten, besonders brave Gäste zu sein, indem jeder von beiden auf dem Tempelberg der Muslime und an der Klagemauer der Juden sein jeweiliges Kreuz abnahm. Die höchsten Vertreter des deutschen Christentums verzichteten von sich aus auf das Symbol des Christentums schlechthin. Wie können sie erwarten, dass ihre Gemeinden ihr Christentum ernster nehmen und offensiver vertreten als ihre Oberen?“

Dasselbe beobachte er aber auch für die jüdische Glaubensgemeinschaft in Deutschland, Europa und weitgehend auch in den USA. Wolffsohn mahnt: Wer die Geschichten der Bibel als „Kinderkram“ verkenne, „erkennt nicht ihre tiefe Botschaft und wendet sich gelangweilt und sogar verprellt ab, weil ‚für dumm gehalten‘“.

Die Folge davon sei „hochpolitisch“: „In Deutschland und Westeuropa leben immer mehr Muslime. Die Mehrheit der Muslime ist gläubig bis tiefgläubig. Sie kennt ihre Religion zumindest in ihrer Wortwörtlichkeit – einschließlich ‚Dschihad‘, also ‚Heiliger Krieg‘. Christen (und Juden), die ihre eigene Religion nicht kennen und verstehen, können keinen ‚interreligiösen Dialog‘ führen.“

Von: Jörn Schumacher

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