Fernsehen ist für Kinder wichtiger als Computer und Internet: Laut der KIM-Studie (Kinder-Information-Medien 2010) sitzen Kinder durchschnittlich 98 Minuten vor der Glotze. Und sie haben natürlich auch ihre Lieblingsfiguren. Das IZI fragte Kinder zwischen 6 und 12 Jahren, welche Fernsehhelden ihnen im Moment am besten gefallen.
Die Erhebung zeigt, dass Mädchen sich weibliche Figuren wünschen, in denen sie sich wiederfinden. Jungen mögen lustige "Loser" und Technikfreaks, die widerspiegeln, wie sie selbst mit Herausforderungen umgehen.
Bei Hannah Montana finden sich Teenager wieder
Die Lieblingsfigur der Mädchen ist Miley aus der Fernsehserie "Hannah Montana". Sie wird dargestellt von Miley Cyrus, die sich in der Vergangenheit des Öfteren zu ihrem christlichen Glauben bekannt hat. In der Serie führt sie ein Doppelleben: Morgens ist sie eine "normale" Schülerin, abends ein Star in einer glamourösen Glitzerwelt. Die IZI-Studie hat die Hintergründe der Begeisterung untersucht: Die Comedy Hannah Montana sei nicht nur lustig, sie spiegele auch das emotionale Erleben der 9- bis 12-Jährigen wider. Miley und Hannah symbolisierten eine typische Identitätsausprägung pubertierender Mädchen, heißt es in der Pressemitteilung: Mädchen erlebten sich einerseits als ausgesprochen kompetent wie Hannah, zum Beispiel in bestimmten Schulfächern. Sie seien es aber gewohnt, sich auf ihre Defizite zu konzentrieren und sich wie eine Miley zu erleben. Super RTL strahlt die amerikanische Serie seit 2007 im deutschen Fernsehen aus. Die vierte Staffel begann vor einer Woche.
Platz zwei der beliebtesten Hauptfiguren bei den Mädchen belegt "Barbie", die ebenfalls auf Super RTL in diversen animierten Spielfilmen zu sehen war. Auf Platz drei: die Geheimagentin Kim Possible.
TV-Heldinnen werden immer dünner
Nach wie vor stehen im deutschen Fernsehen einer Heldin zwei männliche Hauptfiguren gegenüber. Laut Einschätzung des IZI hat der Markt Mädchen für sich als attraktive Zielgruppe entdeckt und bietet ihnen Geschichten, die einen positiven Humor haben. Auch Heldinnen, die etwas Produktives für ihre Gemeinschaft tun und dabei viele Abenteuer erleben, sind sehr beliebt. Ein problematischer Aspekt ist die stärker werdende Tendenz zu immer schmäleren Körpern: Jedes zweite Zeichentrickmädchen hat Körpermaße, die jene der Barbie noch einmal unterschreiten. "Dies fördert ein problematisches Verhältnis zum eigenen Körper und ungesunde Bilder von Schönheit", sagt die Leiterin des IZI, Maya Götz.
Jungen lieben "lustige Loser" und "Technikfreaks"
Zwei Arten von männlichen Figuren faszinieren die Jungen: Humorvolle Verlierer wie "SpongeBob" oder Bart und Homer Simpson machen ihre eigenen Regeln und bekommen durch ihren Humor Anerkennung.
Außerdem lieben Jungen Typen, die immer "oben auf" sind. Beispiele dafür sind "Batman", "Ben 10" oder "Bob der Baumeister". Solche Helden scheinen allen Anforderungen des Lebens gewachsen zu sein. Dies spiegelt laut dem IZI die geschlechtertypische Art, wie Jungen heute mit Herausforderungen umgehen. Da viele erlebten, dass sie dem Alltag nicht in dem Maß gewachsen sind, wie sie es gerne wären, entwickelten sie neue Strategien, die die Comic-Figuren scheinbar "vorleben". Um nach einem Misserfolg ihr Selbstbewusstsein aufrecht zu erhalten, definierten sie sich durch einen Streich oder Witz und fühlten sich dadurch doch noch als "Sieger".
Die Beliebtheit des komischen Schwammes SpongeBob erklären die Fernseh-Experten mit dessen "positiv naiver Art" und dem "kindernahen Humor". Der gelbe Schwamm setze sich mit Kinderthemen wie Selbstüberschätzung, Verlusterfahrung oder den Folgen falscher Vorbilder auseinander. Gerade weil er dies auf so humorvolle Art tue, biete die Sendung auch Jungen eine Möglichkeit, sich mit schwierigen Themen zu befassen, heißt es in der Pressemitteilung. Auf Platz 2 der Beliebtheitsskala folgt Ben 10, der sich mit seiner Uhr in zehn verschiedene Monster verwandeln kann. Bart Simpson besetzt Platz 3 der Liste.
Für die Studie befragte das IZI 716 repräsentativ ausgewählte Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren zu ihrer momentanen Lieblingsfernsehfigur und erforschte mit über 300 Kindern in qualitativen Interviews die Hintergründe ihrer Begeisterung. Das Internationale Zentralinstitut ist ein Informations- und Dokumentationszentrum für das Jugend- und Bildungsfernsehen beim Bayerischen Rundfunk. (pro)