Ist die Zuwanderung von Muslimen nach Deutschland ein Grund zur Sorge, oder schürt diese Sichtweise nur Angst und menschliche Kälte? Die Islamkritikerin Necla Kelek und der Journalist Jan Feddersen streiten darüber in der taz.
In der taz streiten sich der Journalist Jan Feddersen und die Islamkritikerin Necla Kelek über die muslimischen Zuwanderer
Der taz-Redakteur Jan Feddersen hatte am Dienstag in seiner Zeitung einen offenen Brief an die Sozialwissenschaftlerin Necla Kelek veröffentlicht. Die Äußerungen Keleks, die Mitglied der Deutschen Islamkonferenz ist und als Islamkritikerin bekannt ist, seien „kalt“, schreibt Feddersen.
Angesichts von Keleks Beiträgen in der Mainpost oder im Interview mit dem Focus fragt Feddersen: „Warum beschwörst Du raunend Befürchtungen, wo es um Probleme geht, die lösbar sein könnten?“ Feddersen kritisiert den „kalten, ja apokalyptisch trostlosen Ton“, den Kelek anstoße. „Du nimmst an den Flüchtlingen aus Syrien nicht wahr, dass sie in Not sind, dass sie, wie Du, in Deutschland ein freies Leben führen wollen, sondern nur: Gefahr.“
In der Mainpost habe Kelek unterstellt, dass die jungen Männer aus den Flüchtlingsgebieten ihre Familie im Stich ließen, um wie „Scouts“ in Deutschland rührig zu werden und schließlich die Frauen und Familienangehörigen nachzuholen. Solche Worte weckten Paranoia und Ängste, so Feddersen. „Du willst nicht mit anpacken, Du willst mahnen und drohen.“
„Unterwerfung“ vor dem Islam macht Sorgen
Am Sonntag antwortete Kelek wiederum in der taz und wies Feddersens Vorwurf zurück, sie tue selbst zur Verbesserung der Lage zu wenig. Sie verwies auf ihre Mitgliedschaft in zwei Neuköllner Projekten, dem Verein „MaDonna“, der minderjährige junge Migrantinnen betreut, und im „Morus 14“, einem Nachbarschaftsverein, der unter anderem Nachhilfe im Rollbergviertel organisiert. „Ich bin im Vorstand von Terre des Femmes. Wir unterstützen Frauenorganisationen in der Osttürkei, wie in der Stadt Van, den Verein Yaka Koop.“ Dieser Frauenselbsthilfeverein organisiere in kurdischen Dörfern Kampagnen und Aufklärung gegen Kinderhochzeiten. Auch warnte Kelek vor einer Parallelgesellschaft, die man bereits jetzt in den Notunterkünften sehen könne. „In einer Unterkunft wurde bereits von einem Hodscha ein minderjähriges Flüchtlingsmädchen mit einem doppelt so alten Mann mit einem Koranvers getraut.“
Manche Wahrheiten seien „bitter wie Medizin“, schreibt Kelek. „Ich bin Soziologin, ich analysiere Strukturen, mahne und verzweifle manchmal an der Ignoranz.“
„Die sich selbst als ‚links‘ bezeichnenden Intellektuellen dieses Landes lieben inzwischen das heimelige Gefühl, sie wollen sich mit dem Fremden, mit dem Ästheten-Islam eines Navid Kermani identifizieren können. Gegen den Terror-Islam des IS ist man selbstredend, aber über die Strukturen dieser Ideologie, die sich Islam nennt, nachzudenken wird abgelehnt.“ Im Kern machten die Linken, was Michel Houellebecq in seinem Roman als „Unterwerfung“ beschrieben habe. „Man beschwört die Gefahr von rechts als Menetekel, und die Islamisten erscheinen als Diskriminierungsopfer der deutschen Gesellschaft, und man überlässt ihnen das Feld.“
Kelek endet mit den Worten: „Mithilfe der Einwanderer will man offenbar erreichen, was weder Sozialismus noch RAF-Terror erreicht hat, nämlich die Umverteilung und Disruption unserer Gesellschaft.“ Der Islam sei auch eine Ideologie, die dem Terror eine Legitimation bietet. Daher gebe es Anlass zur Sorge. (pro)
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