Keine Schmuddel-Fotos auf dem iPhone?

Nicht nur so manche Online-Medien warten täglich mit allerlei Nackedeis und Schock-Fotos auf. Die Firma Apple, auf dessen iPhone die Inhalte ebenfalls erscheinen, gefällt das nicht - und überdeckt anstößige Fotos mit Balken. Für die einen handelt es sich hier um einen erfreulichen Schutz vor Schmutz, für die anderen um einen Angriff auf die Pressefreiheit.
Von PRO

"Sex sells", diese uralte Medien-Regel praktiziert nicht nur die "Bild"-Zeitung. Das tägliche halbnackte Mädchen auf Seite 1 der auflagenstärksten Tageszeitung Europas gehört ebenso dazu wie ausführlich bebilderte Geschichten über Sex-Skandale von Prominenten. Dass diese Inhalte durch die "Bild"-App auch auf das iPhone und den iPod touch gelangen, passt dem Hersteller des beliebten Mobiltelefons nicht. Seit einigen Monaten entfernt Apple Tausende Anwendungen, so genannte Apps, aus seinem elektronischen Einkaufsladen, die zu viel nackte Haut zeigten.

Mit dem "Bild"-App etwa bietet die Zeitung ein kleines Programm, bei dem der iPhone-Besitzer einer Frau die Kleider vom Leib "schütteln" kann. Rund 100.000 iPhone-Besitzer haben das Programm runtergeladen. Keine Bikinis, keine Brüste: In der iPhone-Version der "Bild"-Zeitung sind allzu offenherzige Frauenfotos mit weißen  Balken versehen. Doch es trifft nicht nur die "Bild"-Zeitung. Sex habe auf dem iPhone nichts zu suchen, ist man in Cupterino, Kalifornien, überzeugt.

Die ethischen Standards in Sachen nackter Haut sind bei der amerikanischen Computerfirma offenbar höher als bei deutschen Medien. Die strenge Richtlinie führte dazu, dass laut Medienberichten 5.000 Anwendungen entfernt wurden.

"Heute Nackte, morgen Artikel"

In Deutschland, wo die Sorge um allzu viel nackte Haut im Fernsehen oder in Zeitungen weitaus schwächer ausgeprägt ist als in den Vereinigten Staaten, stößt die Maßnahme Apples vielerorts auf Unverständnis. Wie "Spiegel Online" berichtet, wandte sich die Geschäftsführerin der Digital-Abteilung von "Bild", Donata Hopfen, am Montag in einer E-Mail an den Zeitungsverlegerverband VDZ. Sie beschwerte sich über die "Richtlinien zu erotischen Inhalten", die "mit einer Zensur gleichzusetzen" seien. "Bild" änderte jedoch inzwischen das Schüttel-Mädchen-App soweit, dass sie nur noch bis auf ihre Unterwäsche entblättert werden kann, nicht mehr bis auf die Haut.

Hopfen fürchtet um die Pressefreiheit, denn irgendwann könne Apple die Zensur ja womöglich auf die Inhalte von Artikeln ausweiten. Der Verlag fürchtet "eine Einschränkung der redaktionellen Freiheit". "Heute sind es nackte Brüste, morgen womöglich redaktionelle Artikel", so Hopfen.

Der VDZ-Vorsitzende Wolfgang Fürstner will laut der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in der kommenden Woche beim Treffen des Verleger-Weltverbandes darauf hinwirken, dass die Verlage sich weltweit Apple entgegenstellen. In einem Grundsatzpapier heißt es laut F.A.Z.:  "Wir kritisieren das Verhalten von Apple als unfair, willkürlich, geschäftsschädigend und für die Pressefreiheit gefährlich." Die Einschränkung von Apple sei mit dem deutschen Verständnis von Pressefreiheit jedenfalls nicht vereinbar.

Untermauert werden könnte diese Argumentation auch durch die Schwärzung von Fotos, die Tote und Verletzte zeigen. So zuletzt geschehen in der "Bild"-Version für das iPhone auf einer Seite, die sich mit den Folgen des Erdbebens auf Haiti befasste. Fotos von Leichen und Schwerverletzten unter den Trümmern, die in der Printausgabe der "Bild" abgebildet waren, wurden in der iPhone-Version mit großen schwarzen Kästen überdeckt.

Es trifft auch andere

Nach Aussage Apples gibt es insgesamt rund 140.000 Anwendungen im Apple-Store, und diese würden über zwei Milliarden Mal heruntergeladen. Von dem Erlös jeder dieser kleinen Programme gehen 30 Prozent an den Computerhersteller. Millionen werden mittlerweile mit den Apps verdient, sowohl von Apple als auch von den Programm-Anbietern.

Auch das Wochenmagazin "Stern" traf die rigide No-Sex-Richtlinie von Apple. Dessen Erotikgalerie ist seit Januar nicht mehr in der Stern-App zu finden. Und die Firma "On the Go Girls" vertreibt fünfzig Apps im Apple-Store,  die unter anderem Frauen in Bikinis und beim Fensterputzen zeigten. Die Applikationen wurden von Apple aus dem Angebot gelöscht. Laut F.A.Z. zeigte sich der Geschäftsführer schockiert.

iPad soll breites Publikum erreichen

Experten vermuten, dass Apple seinen App-Store von "schmutzigen" Inhalten befreien will, weil der Verkauf des neuesten Gerätes, des iPad,  bevorsteht. Dieses im Januar vorgestellte "große iPhone" soll nach Apples Vorstellungen ein breiteres Publikum ansprechen als das iPhone. Kindern könnte es als Schulbuch-Ersatz dienen, und vor allem ältere Menschen kommen mit der Bedienung sehr gut zurecht. Dass Schmuddel-Inhalte dann besonders Anstoß finden können, liegt auf der Hand.

Die Firma Apple hat Vorbild-Charakter, denn sie hat in den vergangenen Jahren vieles richtig gemacht und auf vielen Gebieten Nachahmer gefunden. Der Analyst Gene Munster von der Investmentbank Piper Jaffray stellt fest: "Letztendlich hat Apple eine Marke zu pflegen. Und unter dem Strich wollen sie dieses Bild blitzsauber haben." Auch Munster vermutet, dass vor allem der bevorstehende Start des iPad für die Säuberungskur gesorgt hat.

Die offizielle Begründung aus dem Hause Apple lautet, man habe auf Beschwerden von Kunden reagiert. Vizepräsident Philip Schiller berichtete der "New York Times" gegenüber von Frauen, die Inhalte als entwürdigend empfunden hätten, sowie von Eltern, die sich besorgt zeigten, dass ihre Kinder so etwas sähen.

Was in Deutschland auf manche Medienvertreter sonderbar wirkt, hat in den USA einen handfesten wirtschaftlichen Hintergrund. Moralische Ansprüche in den Medien sind in Amerika vielleicht höher als hierzulande, ein Blick auf die Filmindustrie bestätigt das. Wie das amerikanische christliche Filmmagazin "Movieguide" am Dienstag berichtete, zeigten die Einnahmen großer Kinofilme, dass besonders Filme mit christliche vertretbaren Werten beim amerikanischen Publikum beliebt seien. Filmemacher wollten heutzutage ungern den Wertekanon von Millionen amerikanischer Christen ignorieren, sagte der Gründer von "Movieguide", Ted Baehr. "Hollywood kann nicht länger Jesus Christus und sein Evangelium ignorieren." Studien zeigten, dass Filme mit moralischen Standards der Bibel im Durchschnitt einen Umsatz von über 66 Millionen Dollar einbrächten und damit mehr als Filme mit eindeutig säkularer oder atheistischer Aussage. (pro)

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