„Keine Schamgrenze“: Von der Sexualisierung unserer Gesellschaft

Unsere Gesellschaft ist erfasst, warnen Soziologen, von einer immer weiter ausufernden Sexualisierung. Wir werden heute unweigerlich mit Bildern, Filmen, Plakaten und Internetseiten konfrontiert, die auf immer drastischere Art ethische Grenzen durchbrechen. Moralische Wertmaßstäbe bleiben immer häufiger auf der Strecke. Das Christliche Medienmagazin pro befasst sich in der neuen Ausgabe dem Thema "Die vernachlässigte Generation – Von der Sexualisierung unserer Gesellschaft".
Von PRO

Die ausufernde Sexualisierung hat längst viele Kinder und Jugendliche erfasst. Nicht nur Pädagogen, auch zahlreiche Politiker haben das Problem erkannt und warnen immer häufiger davor, dass gerade Jugendliche uneingeschränkten Zugriff auch auf pornographische Seiten im Internet haben. 92 Prozent der 12- bis 19-Jährigen haben mittlerweile ein eigenes Handy, können sich Filme aus dem Internet laden und diese an Freunde schicken. Jugendschützer schlagen Alarm und fordern Mobiltelefonanbieter auf, mit neuen Technologien die Handys auf das Alter der Nutzer zu konfigurieren.

Dennoch trifft die Beobachtung zu, dass wir uns viel zu schnell an eine ausufernde Sexualisierung gewöhnen. Dabei ist das ein Thema, das uns in Zukunft verstärkt beschäftigen wird. Zwangsläufig, meint der Ethiker Professor Thomas Schirrmacher im pro-Interview. „Der eigentliche Boom der Pornographie und Sexualisierung kommt erst noch“, sagt er. Wer aber wehrt sich noch gegen diesen Trend? Diejenigen, die sich nur schwer wehren können, sind Kinder und Jugendliche. Sie wachsen in einer Welt auf, in der die Darstellung von Sexualität von vielen längst als Selbstverständlichkeit akzeptiert wurde, schreibt pro-Redakteurin Ellen Nieswiodek-Martin: „Kaum ein Monat vergeht ohne Meldungen über verwahrloste oder misshandelte Kinder. Unbemerkt von Nachbarn und Öffentlichkeit erleben Kinder an dem Ort, der ‚Zuhause‘ genannt wird, Hunger, Leid und Missbrauch. Doch damit nicht genug. Denn zu viele Heranwachsende bleiben sich selbst und dem Einfluss von Fernsehen und Internet überlassen. Und sind dadurch einer enormen Welle der Sexualisierung in den Medien ausgeliefert. Experten sehen darin die größte Gefahr für die junge Generation.“

Darstellungen in den Medien werden zu Vorbildern

Dabei ist der Zusammenhang offensichtlich: Immer weniger Eltern haben oder nehmen sich Zeit, sich ausreichend mit ihren Kindern zu beschäftigen. Viele Erwachsene schaffen es nicht mehr, als Vorbilder ihrer Kinder zu wirken. Und diese Lücke schließen die Medien, die eine neue, aber vielfach verheerende Vorbildfunktion eingenommen haben. Und weil gerade moderne Medien wie das Internet kaum Grenzen kennen und sich beinahe jeglicher Kontrolle entziehen, liefern sie auch sexuelle und pornographische Inhalte, auf die jeder Jugendliche Zugriff hat.

Hinzu kommt: Anonymität, einfache Suchfunktionen und ständige Verfügbarkeit haben das WorldWideWeb zum Hauptverbreitungsort für Pornographie gemacht. Laut einer amerikanischen Statistik sind Pornoseiten die meistbesuchten Internetseiten. Jeder dritte Jugendliche zwischen 12 und 16 hat bereits Sexseiten besucht. Dieses Verhalten beschränkt sich nicht nur auf Deutschland, auch wenn die Deutschen mit einem geschätzten Jahresumsatz von 800 Millionen Euro den zweitgrößten Markt für Pornographie stellen.

Einmal mehr erweist sich der unkontrollierte Medienkonsum als Ursache und Problem zugleich: Jugendliche surfen ohne elterliche Aufsicht am eigenen Computer. Kinder schauen nach 22 Uhr noch fern, weil der Fernseher sowieso im Kinderzimmer steht. Um die Uhrzeit  laufen die Filme, die erst ab 16 freigegeben sind. Doch die Heranwachsenden ziehen ihre eigenen Schlüsse aus dem, was sie in der Flimmerkiste sehen. Sie verlernen, was Beziehungen ausmacht, lernen im Internet, dass sich alles nur um Sexualität dreht. In vielen Freundeskreisen gehört das gemeinsame Ansehen von Sexfilmen zur normalen Freizeitbeschäftigung. Auf dem Handy gibt es Kurzfilme für unterwegs. Aus diesem Grund fordern Pädagogen und Politiker jetzt sogar die Mobilfunkbetreiber und Handyhersteller auf, Geräte mit einer kind- und jugendgerechten Technik auszustatten, die automatisch das Herunterladen von jugendgefährdenden Filmen und Bildern blockiert. Die Handys oder Tarife dürften also nur nach Altersgruppe verkauft und genutzt werden. Doch solche Initiativen sind so schnell nicht in der Praxis zu verwirklichen. Denn auch die Netzbetreiber verdienen am Sex – mehr denn je bei jugendlichen Handynutzern.

„Im Internet gibt es keine Schamgrenze“

Professor Jakob Pastötter, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung, beobachtet, dass Heranwachsende früher oder später bei harter Pornographie landen. „Schon 11-Jährige klicken Seiten an, da fallen wir um“, so Pastötter. Filme werden wie sportliche Übungen oder Mutproben herumgeschickt. Dabei gilt: Je härter, desto besser. Vergewaltigungen, sadistische Handlungen, Kinderpornographie – im Internet gibt es keine Schamgrenze. Und irgendwann reicht es nicht mehr, nur zuzuschauen. Dann wird ausprobiert, was die Filme zeigen.

In Pornos oder auch bei den Liedern umstrittener, aber beliebter Rap-Musiker finden Jugendliche quasi die Anleitung dazu, ständig Neues auszuprobieren. Musiker wie „Frauenarzt“ oder Bushido singen in ihren Liedern von Vergewaltigung, von Schmerzen, Blut und Gewalt. Bushido ist bekannt für seine pornographischen und frauenfeindlichen Texte. Seine Konzerte sind gut besucht. Die weiblichen Fans tragen T-Shirts mit der Aufschrift: „Gang-Bang“. Den Begriff werden Eltern nicht im Lexikon finden. Der englische Name bezeichnete die Gruppenvergewaltigung eines Mädchens. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien bewertet vier seiner 21 CDs als jugendgefährdend und setzte sie auf den Index. Die Texte seiner Songs aber kann man im Internet finden – und die indizierten Musiktitel ebenfalls.

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