„Keine Alternative zur Ökumene

In einem Monat kommt der Papst nach Deutschland. Anlässlich seines Besuchs hat die Konrad-Adenauer-Stiftung eine Streitschrift für die Ökumene herausgegeben. Prominente Politiker beider christlicher Konfessionen, aber auch zwei Muslime und ein Jude schreiben in "Politik und Religion. Der Papst in Deutschland" über Verbindendes und Trennendes.
Von PRO

"Deutschland freut sich auf den Papst", erklärte der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Gert Pöttering, am Dienstag in Berlin. Dazu zählt freilich auch sein Haus und so begrüßen in der neuen Publikation der CDU-nahen Stiftung Prominente wie Angela Merkel, Hermann Gröhe, Norbert Lammert und Günther Beckstein den Pontifex. Für Pöttering ist das Buch eine Streitschrift für die Ökumene, für den Staatsminister a.D., Hans Joachim Meyer, eine "Positionsbestimmung der CDU", wie er bei der Vorstellung erklärte. Beides muss nicht heißen, dass es auf den 168 Seiten kuschelig zugeht. Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages und Katholik, fordert von Benedikt XVI. etwa die Zulassung verheirateter Männer zum Priesteramt. Schließlich befände sich die Bundesrepublik ob des Priestermangels in einer "außerordentlichen pastoralen Notsituation".

Der Rabbiner Walter Homolka äußert in seinem Beitrag Angst vor einer kirchlichen Rückkehr zur Judenmission. Auslöser dafür ist der für ihn "unfreundliche Akt der Neufassung der Karfreitagsfürbitte" durch den Papst. Besorgt ist er auch über "Bemühungen um die antijüdisch geprägte Piusbruderschaft und ihren Bischof, den Holocaustleugner Richard Williamson". Das alles habe zu "Misstrauen und Verletzungen" im heutigen Verhältnis von Juden und Katholiken geführt. Zur Erinnerung: Benedikt der XVI. hatte die Bitte um die Erleuchtung der Juden im Jahr 2008 wieder im außerordentlichen lateinischen Ritus zugelassen. Er formulierte: "Lasst uns auch beten für die Juden, auf dass Gott unser Herr ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus als den Retter aller Menschen erkennen." Für Homolka ein "völlig unangemessener" Vorgang.

"Nur Große können sich selbst korrigieren"

Der Koran-Übersetzer Ahmad Milad Karimi nennt das Oberhaupt der katholischen Kirche eine "Herausforderung – auch für Muslime" und verweist auf die Regensburger Rede des Pontifex aus dem Jahr 2006, in der er Allah als "Willkür-Gott" bezeichnet habe. "Es ist jedoch notwendig zu erkennen, dass keine Religion Besitzer der absoluten Wahrheit ist, sondern – wenn überhaupt – dann an ihr Teil hat", schreibt Karimi weiter. Auch eine weitere Muslimin kommt im Buch zu Wort – und zwar eine, die sich einst durch ihre Forderung, Kreuze in Schulen zu verbieten, nicht nur in Unions-Kreisen unbeliebt gemacht hat. Die niedersächsische Intergrationsministerin Aygül Özkan setzt sich in ihrem Beitrag für die Aus- und Weiterbildung von Imamen in ihrem Bundesland ein. In Deutschland ausgebildete Geistliche seien für Muslime in einer "Diaspora"-Situation "Brückenbauer zur Mehrheitsgesellschaft", schreibt Özkan. Die kritische Nachfrage am Dienstag, warum ausgerechnet eine Ministerin, die sich gegen christliche Symbole ausgesprochen habe, nun an einem Papst-Buch mitwirke, beantwortete Pöttering mit den Worten, Özkan habe ihre Meinung zu Kreuzen öffentlich widerrufen und "nur große Leute können sich selbst korrigieren".

Um eine bessere Integration von Muslimen geht es auch der deutschen Bildungsministerin Annette Schavan. In ihrem Beitrag plädiert sie für einen islamischen Religionsunterricht, aber auch dafür, dass Christen sich intensiver mit ihrem Glauben auseinandersetzen: "Denn nur, wer seine eigene religiöse Herkunft kennt, kann mit dem Glauben der anderen umgehen."

Glauben – auch in der Volkskirche

Einen selbstverständlicheren Umgang mit dem Recht der Religionsfreiheit fordert der Afrika-Beauftragte der Bundeskanzlerin, Günter Nooke. Fatal sei es, wenn Gläubige in einer säkularisierten Welt als verständnislos angesehen würden, weil sie an eine persönliche Begegnung mit einem transzendenten Gott glaubten. Überzeugte Christen dürften sich nicht nur in charismatischen Gemeinden finden, sondern müsse es auch in der institutionalisierten Kirche geben. "Wenn Glauben nicht mehr ist als ein bestimmtes Verständnis der eigenen Kulturgeschichte, dann verliert er für den einzelnen Menschen seine existentielle Bedeutung", schreibt er. So setzt sich auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe dafür ein, dem Laizismus in Deutschland keinen Raum zu bieten. "Unsere Verfassungsordnung ruht auf lebendigen, kulturell und religiös gewachsenen Moralvorstellungen und Verhaltensweisen, die wir nicht herbeiregieren können", schreibt er. Der Staat sei deshalb auf die Haltung christlich geprägter Bürger angewiesen. So nannte auch Pöttering den Laizismus "inakzeptabel" und eine "Form des Totalitarismus". Nicht zuletzt der Papstbesuch sei ein Zeichen dafür, dass das Religiöse "stärker in unser Leben tritt und stärker zu unserem Leben gehört".

Für Merkel könnte der Papstbesuch zu einem "starken, ermutigenden Signal für die Gemeinsamkeit und Geschlossenheit der Christinnen und Christen in der heutigen Gesellschaft und Politik" werden. Ökumene sei unverzichtbar. Dem stimmt auch der CSU-Politiker Günther Beckstein zu und formuliert die Unterschiede zwischen den Konfessionen zugespitzt. Der Katholizismus neige zum vielleicht zu langen Abwarten, während der Protestantismus Gefahr laufe, einem zeitgeistlichen Vorpreschen anheim zu fallen. Dennoch gelte: "Ein gutes ökumenisches Miteinander ist damit immer auch Ausdruck einer Kirche, die sich als Volkskirche verstehen darf, weil in ihr die Realität menschlichen Lebens ein Zuhause hat. Zu dieser Art von Volkskirche gibt es in einer Zeit, in der gesellschaftliche Bindekräfte zunehmend schwinden, keine Alternative." (pro)

http://www.kas.de/wf/de/33.23196/
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