Kein „Ja, aber…“ bei PID

Deutschland erlaubt die Selektion von Embryonen. Das steht seit Donnerstag fest. Künftig können künstlich befruchtete Eizellen auf genetische Krankheiten hin untersucht und aussortiert werden. Vor allem Christen vermissen ein klares Signal der EKD.

Von PRO

Die Gegner – unter ihnen etwa die Protestantin Katrin Göring-Eckardt – konnten den Großteil des Bundestags-Plenums nicht mit ihren Argumenten überzeugen. Auch der höchste Repräsentant der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, wandte sich noch zuletzt gegen ein Verbot der PID. Während Katholiken, Evangelikale und Freikirchen sich in Einigkeit gegen die Gentests ausprachen, hatte die EKD bereits in einer früheren Stellungnahme erklärt, die PID sei möglicherweise in Ausnahmefällen zu erlauben. In der Donnerstagsausgabe des "Hamburger Abendblatts" sagte Schneider, die PID sei keine Selektion, wenn es darum gehe, Embryonen zu identifizieren, die überhaupt lebensfähig sind. Er würde der "eng konditionierten Zulassung" der PID zustimmen.

Einen Dammbruch fürchtet er demnach ebensowenig, wie die meisten Parlamentarier. Und das, obwohl das Ausland zeigt, wie weit es kommen kann. Eine Aussortierung wegen einer gentisch veranlagten, aber heilbaren Krebserkrankung ist ebenso möglich wie eine Selektion des Embryos, sollte er das vermeintlich falsche Geschlecht besitzen. Und schon heute werden Eltern, deren Kind etwa mit einer Hasenscharte auf die Welt kommt, beim Arzt ungläubig gefragt, ob sie sich denn nicht "genetisch beraten" lassen hätten, glaubt man der SPD-Abgeordneten Andrea Nahles. Es gibt unzählige Argumente, die gegen die PID sprechen, auch die Tatsache, dass Frauen, die sich der Behandlung unterziehen, keinesfalls eine Garantie auf ein gesundes Kind haben. Erfolg hat eine PID in nur 30 Prozent der Fälle. Damit wird die Technik auch zum seelsorgelichen Problem – man stelle sich vor, eine Frau nimmt aus Verzweiflung diese letzte Möglichkeit auf ein leibliches gesundes Kind wahr und der Versuch scheitert.

Es ist erschütternd, dass sich die evangelische Kirche kein klares Nein zu einer solchen Methodik abringen konnte, ebensowenig wie der Deutsche Ethikrat. Zwar gibt es auch in seinen Reihen viele, die der PID ganz und gar nicht positiv gegenüber stehen, unter ihnen Wolfgang Huber, zur Mehrheitsstimme wurden sie aber nicht. Die öffentliche Meinung von Organen wie wie diesem oder der EKD trägt maßgeblich zur Entscheidungsfindung der Parlamentarier bei. So begründete Patrick Meinhardt (FDP) seine Entscheidung für die PID unter anderem mit den Vorgaben der Kirche, der naturwissenschaftlichen Akademie Leopoldina und des Ethikrates, ganz nach dem Motto: Wenn die obersten Ethiker dieses Landes für die PID sind, kann sie so schlecht nicht sein.

Nicht wenige Christen haben von Schneider ein klares Nein mit Berufung auf das christliche Menschenbild erwartet. Stattdessen bekamen sie lange Zeit ein Jein und schließlich ein Ja in Ausnahmefällen. Interessant, dass die EKD nach der Bundestagsabstimmung unerwartet schnell reagiert: Schon wenige Minuten nach der Entscheidung, teilte Schneider mit, er halte die Freigabe der PID für "zu weit gehend". Er hätte eine Zulassung nur für den Ausnahmefall einer mit großer Wahrscheinlichkeit drohenden Tot- oder Fehlgeburt persönlich vorgezogen. Doch für die meisten ging es am Donnerstag nicht um die Frage, wie weit die Zulassung der PID gehen sollte. Es ging um ein klares Ja oder ein klares Nein. Ein "Ja, aber…" kann es bei der Frage der Gentests an Embryos nicht geben, oder in den Worten des selbst gehbehinderten Ilja Seifert (Linke): "Was hier als medizinischer Fortschritt daher kommt, ist geeignet, Illusionen zu nähren, dass es irgendwann doch perfekte Menschen gibt, ewige Gesundheit, ewiges Leben." (pro)

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen