Kein „Eintrittsgeld“: Weihnachtsgottesdienste für jeden offen

Kirche nur für Eintrittszahler? Politiker aus CDU und FDP haben gefordert, dass die Kirchen an Heiligabend nur noch Gläubigen offen stehen sollten, die auch Kirchensteuern zahlen. Die Vertreter beider großen Kirchen in Deutschland wiesen diesen Gedanken zurück. Es gebe keine "Einlasskontrolle" in Kirchen, stellte etwa die katholische Deutsche Bischofskonferenz klar.
Von PRO

Gegenüber der „Bild“-Zeitung hatte der Landesvorsitzende des „Rings Christlich-Demokratischer Studenten“ (RCDS) Baden-Württemberg, Thomas Volk, gesagt: „Ich bin dafür, dass Messen am 24. Dezember nur für Kirchensteuerzahler offen sind.“ Viele Kirchenmitglieder seien verärgert, dass sie wegen des Ansturms keine Sitzplätze mehr bekommen, so Volk laut „Bild“.

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin, Martin Lindner, verlangte laut der Zeitung ein „Sitzrecht für Kirchenmitglieder an Heiligabend“: „Kirchensteuerzahler dürfen bei so wichtigen Messen nicht die Dummen sein und draußen bleiben. Gemeindemitglieder sollten zum Beispiel über Platzkarten vorrangiges Platzrecht bekommen.“

„Kirche immer für jeden offen“

Der „Bild“-Zeitungsbericht hat sofort zahlreiche Reaktionen von Kirchenvertretern hervorgerufen. Die evangelische und katholische Kirche wiesen die Forderung deutlich zurück. „Der Vorschlag, die Kirchenmitglieder besser zu stellen, ist für uns keine Lösung“, erklärte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover laut einem Bericht des Evangelischen Pressedienstes (epd).

Die Kirchen stünden jedem Menschen jederzeit offen, sagte auch die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann. „Wir freuen uns auf alle, die Heiligabend zum gemeinsamen Gottesdienst kommen.“ Hamburgs Bischöfin Maria Jepsen betonte laut epd, in den Weihnachtsgottesdiensten seien auch Menschen willkommen, die keiner Kirche angehören. „Schließlich wollen wir gerade diesen Menschen das Wort Gottes nahebringen.“ Volle Gottesdienste am Heiligen Abend, so Jepsen, seien ein gutes Zeichen und kein Grund zur Klage. „Die Menschen suchen die Antworten auf ihre Lebensfragen wieder im christlichen Glauben.“

Er sei „erschüttert, dass man einen solchen Gedanken nicht nur hegt, sondern auch noch öffentlich ausspricht“, sagte der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ulrich Fischer, dem epd. Die Verkündigung des Weihnachtsevangeliums sei nicht an eine Bedingung geknüpft worden. „Daher halte ich den Vorschlag, nur Kirchensteuerzahlern den Weihnachtsgottesdienstbesuch zu gestatten, angesichts der frohen Botschaft, die allen Menschen gilt, schlicht für einen großen Blödsinn.“ Die Sprecherin der EKD, Silke Römhild, sagte, die Gottesdienste an Heiligabend richteten sich an alle, an „Mitglieder und die Nichtmitglieder, die Gläubigen und die Suchenden“.

„Weihnachten ist kein Vereinsfest“

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz sagte dem epd auf Anfrage: „Als missionarische Kirche freuen wir uns über jeden, der die Weihnachtsbotschaft hören will. Es gibt keine Einlasskontrolle.“ Übervolle Kirchen an Weihnachten zeigten, dass es eine „tiefe Sehnsucht gibt nach dem Zentrum unseres Glaubens: Gott wird Mensch.“ Man müsse „oft lange vor Beginn der Christmette anwesend sein, um einen Sitzplatz zu bekommen“, hieß es.

Der württembergische evangelische Bischof Otfried July erklärte: „Wir feiern an Weihnachten kein Vereinsfest.“ Kirche sei kein geschlossener Verein. Gerade in der Weihnachtsgeschichte werde gesagt, „dass die frohe Botschaft des Evangeliums allem Volk gesagt werden soll“. Wie die württembergische Landeskirche weiter mitteilte, erkauft man „sich mit der Kirchenmitgliedschaft keinen Sitzplatz am Heiligen Abend in der Kirche“.

Die Weihnachtsbotschaft gelte allen, sagte auch der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß, in Bielefeld. „Deshalb ist niemand ausgeschlossen, von keinem Gottesdienst, und an Weihnachten schon gar nicht“, betonte der leitende Theologe der mit rund 2,6 Millionen Mitgliedern viertgrößten Landeskirche. Die Engel hätten den Hirten von Bethlehem „große Freude verkündet, die allem Volke widerfahren wird“, erklärte Buß weiter. Die Kirche freue sich über alle, die zu Weihnachten kommen. Das gelte auch für Menschen, die noch keine Mitglieder seien: „Wer weiß, ob sie sich besinnen und dazugehören wollen?“ (PRO/epd)

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