Da nur 31 Prozent der Deutschen an die Auferstehung und etwa die Hälfte an ein Jenseits glauben, hat das Christentum ein Problem, so Becker. Er könne Paulus nur zustimmen, wenn dieser schreibe, dass der christliche Glaube ohne Auferstehung keinen Sinn ergebe. Ohne die Auferstehung könnten die Deutschen Jesus „nur noch als einen Erfolgstrainer oder Glücksguru verstehen, als ethisches Vorbild vielleicht oder auch weisen Ratgeber“. Dann falle das Christentum in sich zusammen.
Für die „Abschaffung des Jenseits“, die ein Nebeneffekt der Attraktivität des innerweltlichen Denkens sei, macht der Theologe auch die Medien verantwortlich. So seien die Sprache oder die Bilder der Bibel keinesfalls aus der Kultur verschwunden, lediglich ihr jenseitiger Bezug werde ausgeblendet. Als Beispiel nennt er das Kinoprogramm, wo zu fast jedem Zeitpunkt die Apokalypse stattfinde. Allerdings seien die Katastrophen diesseitig, und auch Bilder wie Himmel und Teufel würden auf Menschen übertragen, etwa im Science-Fiction-Film „Elysium“.
Die Kirchen hätten bei der Vermittlung der christlichen Inhalte auch deswegen einen schweren Stand, schreibt Becker, weil die Menschen heute nicht mehr bereit seien, sich ihre Werte durch eine Institution vorschreiben zu lassen. Für die Kirchen hat der Theologe, der an der Technischen Hochschule Aachen ein Forschungsprojekt zum Jenseitsbezug moderner Gesellschaften durchführt, einige Ratschläge. Sie müssten in der säkularen Welt zum einen bestehen, indem sie sich etwa in die Bildungs- und Finanzpolitik einmischten und Lösungen vorlegten. Zum anderen allerdings liege die wichtigste Aufgabe der Kirchen in der Verkündigung: „Das Jenseits muss gepredigt werden – das ist die zentrale Aufgabe für die Kirchen.“ Damit das Christentum aus dem Angebotsmarkt für Sinngebung Bestand hat, müsse der Blick auf die eigentliche Botschaft des Glaubens gelenkt werden. (pro)