„Katholische Kirche sieht sich als Vermittlerin“

Nachdem sich Christen vor allem am Anfang der Proteste in Hongkong einmischten, sind sie nun zunehmend uneins. Die Katholische Kirche trete nun als Vermittlerin zwischen den verhärteten Fronten auf, sagt eine China-Expertin am Dienstag in einem Radiointerview.
Von Nicolai Franz
Anfangs war „Sing Hallelujah to the Lord“ die inoffizielle Hymne der Protestler

„Die Christen insgesamt waren vor allem am Beginn der Proteste deutlich sichtbar“, sagte Katharina Wenzel-Teuber dem Domradio über die angespannte Lage in Hongkong. Sie ist Mitarbeiterin des katholisch orientierten „China Zentrums“, das sich für kulturelle und religiöse Verständigung zwischen dem Westen und China einsetzen will. „Es gab Gebetstreffen vor den großen Demonstrationen. ‚Sing Halleluja to the Lord‘ war eine Zeit lang sogar so eine Art Hymne der Proteste.“ Angesichts der Gewalt auf beiden Seiten falle es Christen aber immer schwerer, sich zu positionieren, so die Expertin.

Generell herrsche unter den Hongkongern Verunsicherung. Die Proteste konzentrierten sich mittlerweile auf die Universitäten. Gerade die radikalen Demonstranten seien oftmals sehr jung. Niemand wisse, ob es einen friedlichen Ausweg aus der zerfahrenen Situation gebe.

Aus „Kakerlaken“ und „Hunden“ sollen „Menschen“ werden

Die Katholische Kirche sehe sich daher nun als Vermittlerin zwischen der Polizei und den Demonstranten. Der Hongkonger Weihbischof Joseph Ha habe gesagt: „Gott kann uns helfen, dass wir uns nicht gegenseitig als Kakerlaken und Hunde, sondern als Menschen sehen.“ Die Polizei nennt die Demonstranten abschätzig „Kakerlaken“, während die Polizisten als „Hunde“ diffamiert werden. Angesichts der schwierigen Lage hofft Wenzel–Teuber auch auf ein göttliches Eingreifen: „Natürlich sollte man auch die Kraft des Gebets in einer solchen verfahrenen Situation – gerade, wenn es auch noch von verschiedenen Religionen kommt – nicht unterschätzen.“

Die Massenproteste in Hongkong gegen die pekingfreundliche Regierung begannen im Sommer dieses Jahres. Sie richteten sich anfangs gegen ein Gesetz, nach dem Häftlinge an die Volksrepublik China ausgeliefert werden können. Das Gesetz wurde Ende Oktober zurückgezogen. Die Proteste gehen trotzdem weiter, da die Demonstranten einen zu hohen Einfluss der Volksrepublik China auf Hongkong beklagen. Die Metropole war bis 1997 eine britische Kolonie, bevor die britische Regierung die Staatshoheit an China abgab. Seitdem ist Hongkong eine Sonderverwaltungszone, in der freie Marktwirtschaft und Demokratie herrschen. Großbritannien und China hatten sich darauf geeinigt, dass diese Regelung nach dem Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ 50 Jahre lang gelten solle.

Von: Nicolai Franz

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