Katastrophen rütteln nur kurzfristig auf

Pfarrer Ulrich Parzany rechnet nicht damit, dass die Menschen durch die aktuellen Katastrophen dauerhaft aufgerüttelt werden. Der Evangelist sprach am Freitagabend bei einer Gebetsveranstaltung für Japan im Wetzlarer Dom. Der japanische Generalkonsul Toyoei Shigeeda dankte den versammelten Christen für ihre Anteilnahme und Ermutigung.
Von PRO

"Es glaube niemand, dass die Katastrophen dieser Welt die Gewissen der Menschen aufrütteln werden", sagte Parzany in seiner Andacht. "Es sei denn, dass Gottes Geist noch einmal unsere Herzen erschüttert." Die großen Unglücksfälle der vergangenen Jahre seien schnell in Vergessenheit geraten. In der Veranstaltung der Evangelischen Allianz Wetzlar und des Hilfswerkes "humedica" forderte er die Christen auf, dafür zu beten, dass der Heilige Geist die Herzen durchdringe – "damit wir Gott und den Menschen dienen".

Der frühere CVJM-Generalsekretär erinnerte auch an den Prediger Toyohiko Kagawa, "einen der größten japanischen Christen". Dieser lebte 14 Jahre in einer Hütte im Armenviertel und "war Auslöser für soziale Umbrüche". 1950 predigte er ein Jahr lang in verschiedenen europäischen Ländern, die noch vom Krieg gezeichnet waren – auch in Deutschland. In seinen Predigten habe der japanische Christ betont, dass jeder Augenblick des täglichen Lebens Gott geweiht sein müsse. Daraus sei der Schluss zu ziehen: "Wenn wir nicht vom Wirken des Heiligen Geistes überwältigt sind, ist unser christliches Leben wertlos."

Gebet macht Solidarität mit Opfern deutlich

Der Wetzlarer Oberbürgermeister Wolfram Dette (FDP) wies in seinem Grußwort auf die festen Mauern des Domes hin, die ein Gefühl der Sicherheit vermittelten: "Wir sehen uns von Gott behütet." Doch wenn Menschen in die Welt schauten, regten sich Zweifel an diesem Schutz. Fernsehbilder wie die von einer schwankenden Kirche nach dem Erdbeben im neuseeländischen Christchurch könnten die Frage aufwerfen: "Ist das noch der Gott, der uns behütet?" Das Gebet für Japan in dieser Situation mache die Solidarität mit den Opfern von Erdbeben und Tsunami deutlich. Der Oberbürgermeister äußerte den Wunsch, dass "die Menschen in Japan möglichst intensiv begleitet werden mögen durch unseren Gott".

Generalkonsul Shigeeda aus Frankfurt sieht Grund zur Hoffnung, dass die Japaner durch die Hilfe aus dem eigenen Land und dem Ausland "die Krisensituation allmählich in Ordnung bringen" könnten. Viele Medienberichte über die Lage in Japan seien "nicht falsch, aber übertrieben", sagte der Diplomat. Die Einsätze in den beschädigten Reaktoren befänden sich auf einem guten Wege, die Helfer hätten bereits viel erreicht. Trotz der Katastrophen hätten alle Jugendlichen, die in diesen Tagen die Schule abgeschlossen hätten, ihre Urkunden erhalten. Dokumente ohne Adressaten hätten deren Eltern "geerbt". Shigeeda bedankte sich für die große Solidarität und die Ermutigung, welche die Japaner seit dem Unglück von Deutschland erfahren hätten. So hätten sich viele Menschen in Kondolenzbücher eingetragen, auch führende Politiker wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier.

"Auf den Wiederaufbau konzentrieren"

Der japanische Christ Satoshi Matchii, der in Deutschland lebt, war wenige Stunden nach dem Erdbeben mit einem humedica-Team nach Japan gereist. .Diese Reise hat ihm nach eigenen Angaben klargemacht, "wie verletzlich und klein die Menschen sind". Die ständigen Versuche, das Risiko zu reduzieren, führten nicht zum Ziel des Lebens. In allem Leid habe er erfahren, "wie stark Gottes Führung ist und wie groß die Kraft der Gebete ist". Im Wetzlarer Dom betete Matchii in japanischer und deutscher Sprache für die Menschen im Katastrophengebiet.

Der Leiter von humedica, Wolfgang Groß, berichtete, dass sein Ärzteteam mit mehreren Partnern vor Ort zusammenarbeite, die Hilfsgüter aus Deutschland verteilten. Die christliche Organisation "CRASH Japan", die normalerweise ähnlich wie humedica Ärzte in Krisengebiete entsendet, ist nun im eigenen Land tätig. Ein weiterer Partner sei eine christliche Gemeinde in Tokio, deren Pastor bereits Güter im Nordosten an Opfer weitergegeben habe. Auch mit der Liebenzeller Mission bestehe eine enge Zusammenarbeit. Da sich humedica der nuklearen Gefahr in Japan nicht gewachsen sah, hatten die Mediziner nach intensivem Gebet den Einsatz im Erdbebengebiet abgebrochen. Nun liege die Konzentration nicht auf der Soforthilfe, sondern auf dem Wiederaufbau.

Der Radio-Chefredakteur bei ERF Medien, Andreas Odrich, stellte eine Hilfs-Aktion des Evangeliumsrundfunks vor. Innerhalb der zwei Wochen seit dem Unglück hatten die Hörer 20.000 Euro für Japan gespendet. Der internationale Partner "Trans World Radio" (TWR) plant zudem Radioprogramme, die den traumatisierten Japanern helfen können. Vor allem Kinder sollen durch diese Sendungen unterstützt werden.

Etwa 300 Menschen beteiligten sich an dem "Gebet für Japan" in Mittelhessen, das gleichzeitig als Aufruf zum Spenden gedeutet wurde. (pro)

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