Der St. Michaelsempfang der Deutschen Bischofskonferenz war in diesem Jahr geprägt von der Flüchtlingsfrage. Kardinal Reinhard Marx sagte Unterstützung bei den Herausforderungen zu.
Beim Jahresempfang der Katholischen Kirche erklärte Kardinal Reinhard Marx die Hilfe seiner Kirche bei der Bewältigung der Flüchtlingsfragen
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, sprach beim St. Michaelsempfang des Kommissariats der deutschen Bischöfe am Dienstag in Berlin von „Herausforderung“ durch die Flüchtlingsfrage, „die wir abarbeiten müssen“. Das werde Jahre und Jahrzehnte dauern. Marx bekräftigte seine Zustimmung zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und sagte der Kanzlerin die Unterstützung der Kirche zu: „Hier sind viele kirchlich engagierte Leute. Wir stehen bereit.“ Seine Kirche wolle sich noch stärker einbringen, „damit diese Herausforderung gelöst wird im Bereich der Integration, der Schulen, der Kindergärten“.
Marx könne bei Besuchen in den Pfarreien nicht feststellen, dass die Bereitschaft zu helfen nachgelassen habe. Er appellierte an Verantwortliche in Politik und Medien, die Ehrenamtlichen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Die Frage nach Identität und Sicherheit werde Diskussionen und auch den kommenden Wahlkampf prägen, sagte der Kardinal. Angst sei dabei jedoch der falsche Ratgeber, ebenso wie Defensive oder Abschottung. „Wir brauchen weiter eine Kultur des Miteinanders, in der die Bereitschaft vorherrscht, zu teilen.“ Eine solche Kultur müsse sich universal ausbreiten. „Daran arbeiten wir Christen mit, wir sind Universalisten“, betonte Kardinal Marx und verdeutlichte den Standpunkt der katholischen Kirchen. Dazu gehöre, dass, „wenn jemand an unsere Grenze kommt“, dieser menschenwürdig behandelt werde. Niemand dürfe in eine Situation von Krieg und Verfolgung zurückgeschickt werden.
Die Armen nicht vergessen
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz appellierte an die Politik, die politischen und wirtschaftlichen Errungenschaften zu teilen. „Wir Christen sollten mehr Zeugen der Hoffnung sein“, forderte Marx und rief dazu auf, sich auf „die großen Narrative der Bibel“ zu besinnen, etwa die Seligpreisungen, die Geschichten vom barmherzigen Samariter oder dem verlorenen Sohn. „Das ist der Gott, von dem wir in Europa reden, den wir als Christen nicht nur verbal, sondern mit unserem Leben, mit Aktion, mit unserem Einsatz, bezeugen“, erklärte der Kardinal. Die Menschen seien gleich vor Gott. „Die Barmherzigkeit Gottes ist sehr radikal. Sie geht bis in die Grundlagen unseres Lebens hinein.“
Marx forderte eine Politik der Nachhaltigkeit, die dafür sorgt, dass das „gemeinsame Haus der Schöpfung“ bewahrt bleibe und alle Menschen ein menschenwürdiges Leben darin fänden. Die armen Länder müssten bei Verhandlungen über den weltweiten Handel mit am Tisch sitzen.
„Das Evangelium hat noch etwas zu sagen“
Kritik übte Marx in seiner Rede am Aufkommen eines neuen Nationalismus in Deutschland und Europa. Es handle sich dabei um eine generelle Tendenz, die viele Länder erfasse. Nationalismus bedeute Krieg. Das könne man an der Geschichte Europas erkennen. „Patriotismus ja, wir lieben unser Heimat. Nationalismus nein. Es muss über die Nation hinaus gedacht werden“, sagte der Kardinal.
Hinsichtlich des Reformationsjubiläums 2017 erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz: „Das Christentum ist für Deutschland noch nicht ausgereizt. Das Evangelium hat noch etwas zu sagen für dieses Land.“ Es gelte, gemeinsam mit den protestantischen Geschwistern nicht nur rückwärts auf die Reformation zu schauen, sondern „ein Christusfest“ zu feiern.
Prälat Karl Jüsten, der Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin –, forderte bei seiner Begrüßungsrede mehr Gottvertrauen ein, gerade angesichts der Flüchtlingssituation. „Wir können vielen Flüchtlingen helfen. Sowohl denen, die nur temporär bei uns bleiben, als auch denen, die dauerhaft bei uns bleiben“, sagte er. Deutschland sei ein „dynamisches, weltoffenes und selbstbewusstes Land“, in dem Menschen ungeachtet ihrer nationalen, sozialen oder religiösen Herkunft eine faire Chance erhielten, ein Teil dieser Gesellschaft zu werden. „Ein Land, in dem wir auch jenen entschlossen entgegentreten, die Anschläge auf Gotteshäuser und auf Institutionen unserer Demokratie ausführen“, erklärte Jüsten.
Am St. Michaelsempfang des Kommissariats der deutschen Bischöfe in Berlin nahmen nach Angaben der Veranstalter rund 800 Gäste aus Politik und dem öffentlichen Leben teil. Dazu zählten unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), Innenminister Thomas de Maizière (CDU), Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), die Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU, der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen, sowie die kirchen- und religionspolitischen Sprecher der Fraktionen sowie Generalbundesanwalt Peter Frank. (pro)
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