Kardinal Lehmann gegen Gleichstellung von Kirche und Islam

K a r l s r u h e (PRO) - Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, hat sich gegen die rechtliche Gleichstellung christlicher und nichtchristlicher Religionen in Deutschland ausgesprochen. Wenn der Staat gegenüber Religion neutral sei, heiße das nicht, dass er gleichgültig sei, so der Mainzer Kardinal.
Von PRO

Das Christentum habe nicht nur die Geschichte Europas geprägt, sondern wirke über die europäische Rechtskultur bis in die Gegenwart hinein. Das könne nicht einfach ignoriert werden, sagte Lehmann laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (F.A.Z.). Er warnte zugleich vor einer falschen Toleranz, die alle Religionen unabhängig von der Zahl ihrer Mitglieder und ihrer Geschichte gleich behandele.

Lehmann sagte dies bei einem Empfang, den der Erzbischof von Freiburg, Robert Zollitsch, und der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ulrich Fischer, gemeinsam für die obersten Bundesgerichte in Karlsruhe gaben. Lehmann weiter: „Die Neutralität des Staates im Blick auf die einzelnen Religionen darf nicht mit Gleichgültigkeit und unreflektierter Toleranz gegenüber dem Wirken von Religionen in der Gesellschaft verwechselt werden.“ Die historische gewachsene „partnerschaftliche“ Beziehung zwischen Staat und Kirche verteidigte Lehmann gegen den Vorwurf, die Verfassung privilegiere das Christentum gegenüber anderen Religionsgemeinschaften. Als Körperschaften öffentlichen Rechts wirken zu können sei „Ausdruck europäischer Kulturidentität“.

„Kirchen sind Teile der guten, öffentlichen Ordnung“

Man dürfe den wechselseitigen Lernprozess zwischen Staat und Kirche nicht übersehen. Dem liege die Stellung der Kirchen als Teile der „guten, öffentlichen Ordnung“ zugrunde, so der Kardinal. Dieser Aspekt werde „vor allem im Blick auf die Verleihung des Körperschaftsstatus an den Islam weitgehend übersehen“.

Erst vergangene Woche hatte Lehmann sich zur Ablehnung einiger Bürger gegen den Bau einer Moschee in Köln geäußert. Er habe „durchaus teilweise Verständnis für den Widerstand der deutschen Bürger“ gegen den Moschee-Bau, so Lehmann. Weiterhin wisse er aus Gesprächen mit besorgten türkischen Gesprächspartnern, dass viele Moschee-Gemeinden „von fundamentalistischen Tendenzen überrannt werden“. Außerdem forderte er nachdrücklich Religionsfreiheit für Christen in islamischen Ländern.

Verfassungsrichter Papier: „Christlicher Glaube hat Prägekraft“

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, pflichtete Lehmann bei dem Empfang in Karlsruhe bei. Der christliche Glaube sei über seine kulturell vermittelten und historisch verwurzelten Wertüberzeugungen und Einstellungen „von überragender Prägekraft“, so Papier. Wenn das Bundesverfassungsgericht die Bedeutsamkeit staatlicher Neutralität in religiösen Angelegenheit hervorgehoben habe, dann sei diese Neutralität nicht als distanzierende Haltung im Sinn einer strikten Trennung von Staat und Kirche zu verstehen, sondern als eine „offene, die Glaubensfreiheit fördernde Ausrichtung“.

Ein strikteres Verständnis staatlicher Neutralität sei im Wege (landes)gesetzlicher Vorgaben möglich, „von Verfassungs wegen jedoch nicht geboten“. Eine Verbannung alles Religiösen aus dem öffentlichen Raum habe nur den Charakter einer Konfliktverdrängungsstrategie, so Papier weiter.

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