Kampf der Kirchen gegen die Rechten

Die Haltung vieler Pfarrer gegenüber Flüchtlingen provoziert die Rechten. Die sehenswerte Dokumentation „Kreuz ohne Haken - Die Kirche und die Rechten“ zeigt den Kampf vieler Geistlicher der beiden großen Kirchen gegen Rechtsradikale sowie deren Angriffe auf die Kirchen.
Von Jörn Schumacher

Die Reportage von NDR, MDR und WDR beleuchtet anhand von mehreren Beispielen, wie sich manche mutige Geistliche gegen Rechte engagieren, und wie sie andererseits von Rechten unter Druck gesetzt und angegriffen werden.

Die Filmemacher Dominique Klughammer und Stefan Suchalla besuchten etwa die Gemeinde der Reinoldi-Kirche in Dortmund. Dort hatten Anhänger der Partei „Die Rechte“ nachts ein großes Banner am Kirchturm entrollt und von Feuerwerkskörpern umrahmt. Auf dem Transparent standen die Worte „Islamisierung stoppen“. Der Bericht stellt die Gruppe „Nazi Kiez“ vor, die in Dortmund ganze Straßenzüge unter ihrer Kontrolle hat. Einer der Anführer ist Michael Brück, der im Stadtrat sitzt. „Michael Brück und seine Kamerade verachten die Kirche“, heißt es in der Reportage. Er kritisiert, dass die Kirchen „Asylbewerber dulden, um Abschiebung zu verhindern“.

„Durch ihre klare Position in der Flüchtlingsfrage haben sich die Kirchen Feinde gemacht und sind Angriffen von Rechts ausgesetzt“, heißt es in der Sendungsankündigung. „Beleidigungen, Morddrohungen, Körperverletzung – das ist der Preis, den viele Pfarrerinnen, Pastoren und Priester für ihr Engagement für Flüchtlinge bezahlen müssen.“ Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche Westfalen, macht im Interview deutlich, dass sich die Kirche nicht alles von den Rechten gefallen lassen will und entsprechend juristisch gegen sie agiert, wenn es angebracht ist.

In einem anderen Beispiel erzählt ein evangelischer Pfarrer aus Aldenhoven, was ihm passierte, nachdem er eine flüchtlingsfreundliche Predigt gehalten hatte. Der Geistliche, der für sein Engagement für Flüchtlinge bekannt ist, wurde an der Haustür überfallen. Auch in der Gemeinde der Friedenskirche in Unterlüss in der Lüneburger Heide führt Pfarrer Wilfried Manneke regelmäßig Demonstrationen gegen Treffen von Neonazis durch. Dies ist mindestens drei Mal im Jahr der Fall und erfährt dabei massiven Widerstand der Rechten, berichtet er.

Ebenso kämpft Michael Kleim, Pfarrer in Gera, seit 15 Jahren gegen die Nazi-Szene der Stadt und bekommt es regelmäßig mit Drohungen zu tun. Er bezahle sein Engagement gegen Rechts mit einem Leben in Angst, berichtet der Geistliche, der sich durch die Bedrohungen an die Zeit des DDR-Regimes erinnert fühlt, wo ihn die Mächtigen einschüchtern wollten.

„Glaube an Jesus Christus wird für völkische Ideologie funktionalisiert“

Andreas Püttmann, katholischer Buchautor und Politikwissenschaftler erlebt ebenfalls viele Beschimpfungen und Schikanen und erhält Drohbriefe, wie er berichtet. Er spricht von Verleumdung im Internet und fügt hinzu: „Da sind durchaus auch manchmal Christen ganz munter.“ Püttmann erklärt: „Neonazis betrachten die Christen irgendwo als Geschwister der Juden. Dann betrachten sie die Kirche auch als schützende Funktion für so genannte ‚minderwertige Menschen‘, die irgendein Handicap haben, die nicht dem Ideal des robusten, siegreichen Mannes entsprechen, sondern sich um das Gebrochene und Schwache kümmern.“

Der ARD-Bericht stellt zudem Johannes Kneifel vor, der als Jugendlicher Neonazi war und mit einem einem Komplizen einen 44-jährigen Mann so sehr schlug, dass dieser daraufhin starb. Im Gefängnis kam Kneifel zum Glauben. Heute ist er freikirchlicher Pastor und setzt sich gegen die Rechten ein.

Markus Dröge, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, sagt auf die Frage, wo sich die Kirche von der AfD abgrenzen sollte: „Theologisch ist für mich die Grenze da erreicht, wo der Glaube an Jesus Christus funktionalisiert werden soll für eine völkische Ideologie. Das ist ein Missbrauch des Christentum. Und ethisch ist die Grenze dort, wo menschenverachtend argumentiert wird.“ (pro)

„Kreuz ohne Haken – Die Kirche und die Rechten, 4. September 2017, 23:45 Uhr, ARD

Von: js

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