Käßmann: Schattenseiten der Reformation benennen

Über Martin Luthers Judenfeindlichkeit hat die Botschafterin für das Reformationsjubiläum, Margot Käßmann, am Montag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschrieben. „Es kann kein Reformationsjubiläum geben, das bei aller Freude über die Errungenschaften der Reformation ihre Schattenseiten nicht benennt”, ist die Theologin sicher.

Von PRO

„Luther vertrat – wie fast alle anderen Reformatoren auch – einen klaren Antijudaismus”, heißt es in dem Gastbeitrag. Noch 1523 habe er die Juden mit seiner Schrift „Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei“ von einem neuen Miteinander mit den Christen träumen lassen. Doch 20 Jahre später habe er mit „Von den Juden und ihren Lügen“ eine Schmähschrift verfasst. Luther schlage darin der Obrigkeit vor, dass sie jüdische Synagogen und Schulen „mit Feuer anstecken”, ihre Häuser „zerbrechen“ und die Juden „wie die Zigeuner in einen Stall tun“ solle. „Diese so unfassbaren Äußerungen können auch nicht mit seiner Verbitterung darüber erklärt werden, dass Juden – anders als von ihm erwartet – nicht zur Kirche der Reformation konvertierten. Auch der ‚Zeitgeist’ kann nicht als Rechtfertigung dienen. Diese Sätze werfen auf Luther und seine Reformation einen Schatten und sollten die Kirche, die sich nach ihm benannte, auf einen entsetzlichen Irrweg führen”, stellt Käßmann fest.

Luthers Text sei in der NS-Zeit häufig nachgedruckt worden, zum Beispiel unter dem Titel: „Martin Luther und die Juden – weg mit ihnen!“ Bis auf wenige Einzelne habe die evangelische Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus versagt, weil sie Menschen jüdischen Glaubens nicht geschützt habe. Diese Schattenseiten der Reformation dürften bei aller Freude über deren Errungenschaften nicht ignoriert werden. (pro)

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/fremde-federn-margot-kaessmann-die-dunkle-seite-der-reformation-12131764.html
Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen