Käßmann: „Ich bin Pazifistin, aber keine Radikalpazifistin“
Die Bundeswehr sollte am besten abgeschafft werden. Die evangelische Kirche habe insgesamt sieben Kriterien aufgestellt, die erfüllt sein müssen, damit ein Einsatz gerechtfertigt ist. Das sagte die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann in einem Interview mit dem Spiegel.
Von PRO
Foto: Steffen Roth
Die Botschafterin für das Reformationsjubiläum Margot Käßmann plädiert für einen Pazifismus
Die Spiegel-Redakteure René Pfister und Christiane Hoffmann führten ein kritisches Interview mit der Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017 darüber, was ein gerechter Krieg ist und was eigentlich der christliche Glaube dazu sagt. Auf die Frage, ob eine militärische Intervention für die Evangelische Kirche überhaupt zu rechtfertigen sei, antwortet die Theologin: „Ich bin Pazifistin, aber keine Radikalpazifistin. Für mich ist Gewaltfreiheit immer die vorrangige Option.“ Die Evangelische Kirchehabe insgesamt sieben Kriterien aufgestellt, die erfüllt sein müssen, damit ein Einsatz gerechtfertigt ist. „So muss zum Beispiel unter allen Umständen dafür gesorgt werden, dass Zivilisten geschont werden. Außerdem muss es ein UNO-Mandat geben.“
Ihre Vision sei es, dass die Kirche jegliche Form von Gewalt ablehnt. Sie finde die biblische Vision vom Frieden „wunderbar“. Und weiter: „Friede und Gerechtigkeit werden sich küssen, heißt es in der Bibel. Was für ein schönes Bild!“
Als die Reporter daraufhin fragen: „Warum sagen Sie nicht gleich: Schafft die Bundeswehr ab!“, sagt Käßmann: „Ich fände es gut, wenn die Bundesrepublik auf eine Armee verzichten könnte wie etwa Costa Rica. Natürlich weiß ich, dass das eine Utopie ist, allein wegen der Einbindung Deutschlands in die NATO. Aber es wäre schon ein erster Schritt, wenn wir ganz darauf verzichteten, Waffen in alle Welt zu exportieren.“
„Es gibt nur einen gerechten Frieden“
Auch der Krieg der Alliierten gegen Nazi-Deutschland sei „sicherlich ein Krieg mit einer guten Intention“ gewesen, gibt sie zu. „Aber mir fällt es schwer, Kriege zu rechtfertigen. Es gibt nur einen gerechten Frieden. Wenn es zu einem Krieg kommt, ist das immer ein Versagen, weil es nicht schon viel früher Versuche gegeben hat, Waffengewalt zu verhindern.“ Es falle schwer, auch nur einen Krieg in den letzten 60 Jahren zu nennen, den man mit vernünftigen Gründen rechtfertigen könne. Die Spiegel-Reporter nennen als mögliche Beispiele den Massenmord von Hutus und Tutsis von 1994, wo mindestens 800.000 Menschen starben, sowie das Massaker 1995 in Srebrenica, als die Serben ein Massaker unter den bosnischen Muslimen anrichteten. Käßmann entgegnet: „Heute existieren viele Friedensforschungsinstitute, die Strategien entwickelt haben, um Konflikte zu vermeiden oder zu schlichten. Man muss es eben nur wollen. Aber am Willen hapert es.“
Sie sei fasziniert von Menschen, „die es wagen, nicht mit Waffengewalt zurückzuschlagen“. Käßmann zitiert die Bibel: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“. Die Spiegel-Reporter antworten: „Auf einem Kirchentag mögen sich Konflikte mit Sinnsprüchen aus der Bibel lösen lassen, in der realen Welt leider nicht.“ Doch ihre Helden seien Menschen wie Mahatma Gandhi, Martin Luther King und Nelson Mandela, „die so naiv waren, auf Gewaltfreiheit und Versöhnung zu setzen“, sagt die Theologin und fügt hinzu: „Vor denen habe ich mehr Respekt als vor Leuten, die sagen, am Schluss hilft doch nur ein Schießeisen.“
Den Begriff „Militärbischof“, den die Evangelische Kirche ins Leben gerufen haben, halte sie „nicht für glücklich“, aber am Ende habe sich die EKD mehrheitlich dafür entschieden, einen Militärbischof zu berufen und einen Friedensbeauftragten. (pro)
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