Käßmann: „Es gibt keinen Fußball-Gott“

H a n n o v e r (KEP) - Fußball mag für viele eine Religion sein - aber wenn sie verzweifelt sind, kommen die Fans dennoch in die Kirchen. Diese Beobachtung äußerte die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann gegenüber dem Bahn-Magazin "mobil". Dabei wandte sie sich mit Nachdruck gegen die Vorstellung, es gebe einen "Fußball-Gott", der womöglich eine bestimmte Nationalität habe.
Von PRO

„Gott im Trikot Nummer 1, Sportschuhe gesponsert von – eine interessante Vorstellung“, sagte Käßmann in dem Interview, das in der Januar-Ausgabe abgedruckt wurde. „Trotzdem ist die Antwort: Nein! Ich denke, Gott freut sich mit den Gewinnern, stärkt den Verlierern den Rücken und sagt allen – vor allem den Hooligans – hey, es ist ein Spiel! Es geht um den Spaß an der Sache.“ Gott stehe über allen Nationalitäten, und das sei großartig, so die Bischöfin. „Glauben verbindet doch Völker. Aber wenn die Deutschen (bei der Weltmeisterschaft) viele Dankgebete sprechen – würde mich das freuen.“

„Wer wird da angebetet?“

Auf den Hinweis, dass Sportstadien oft als „Fußball-Kathedralen“ bezeichnet würden, meinte die Theologin: „Begeisterung für Fußball, für eine Mannschaft kann ich verstehen. Aber das ist schon traurig, wenn der Sinn des Lebens nur in Fußball besteht. Wer wird da angebetet? Ich kenne jemanden, der mich manchmal provozieren will – der sagt dann: Am Sonntag, da sind die Leute im Stadion und nicht bei Ihnen in der Kirche. Aber was war am 11. September 2001? Oder am Tag des Erfurt-Massakers? Und im letzten Winter, als der Tsunami wütete? Da haben die Menschen nicht in Stadien Trost und Orientierung gesucht, sondern in Kirchen. Die meisten wissen schon noch, was der Unterschied ist.“

„Schalke hält mir nicht die Hand“

Und wenn Fans des Vereins Schalke 04 behaupten, er sei eine Religion, weiß Käßmann zu entgegnen: „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott, sagt die Bibel. Wenn aber Schalke verliert? Wenn ich nicht weiter weiß oder krank bin und sterbe, hält mir dann der FC Schalke 04 die Hand, tröstet und begleitet mich? Da verlasse ich mich doch lieber auf den Gott der Bibel, der bei mir ist in guten und in schlechten Zeiten.“

Dass Fußballprofis wie die Brasilianer Lucio und Zé Roberto oder der deutsche Nationalspieler Gerald Asamoah ihren Glauben an Gott öffentlich bekennen, bewertet die Bischöfin als positiv: Wenn beispielsweise „die Kenianer nach einem Tor auf die Knie gehen und Gott danken, kann ich mich richtig mitfreuen“.

Das Magazin „mobil“ liegt in den Zügen der Deutschen Bahn AG aus. Zum Thema „Fußball und Kirche“ empfehlen die Redakteure die Bücher „Fußball Bibel“ (Gerth Medien) und „Gott ist rund. Wie der Fußball zur Religion wurde“ (Suhrkamp Verlag) sowie die DVD „Fußball Gott – Das Tor zum Himmel“ von David Kadel. Zudem weisen sie darauf hin, dass die Spiele der Weltmeisterschaft in rund 16.000 Kirchen und Gemeindehäusern übertragen werden.

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