Käßmann beim Kirchentag: Schlagkraft des Vaterunser

Noch bevor der 2. Ökumenische Kirchentag in München am Mittwoch offiziell eröffnet wurde, sorgte Margot Käßmann für Medienrummel in der Innenstadt. In der Bücherei "Hugendubel" stellte sie ihr neues Buch "Das große Du" vor und erklärte, warum das biblische Vaterunser politische Schlagkraft hat.

Von PRO

Wirklich still war es nach ihrem Rücktritt nie um die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, geworden. Es scheint, als habe man sie dennoch vermisst: Hunderte hatten sich in die Räume des Geschäfts "Hugendubel" am Münchener Marienplatz gedrängt, um die Frau hautnah zu erleben, die vor wenigen Monaten wegen einer Alkoholfahrt ihre Ämter niedergelegt hatte. Vorträge und Bibelarbeiten stehen auf ihrem Kirchentagsprogramm, aber auch, und das sollte am Mittwoch der Auftakt sein, die Vorstellung ihres neuen Buchs "Das große Du". Es ist der zweite Band einer geplanten fünfteiligen Serie über den Kleinen Katechismus Martin Luthers. Der erste Teil beschäftigt sich mit den Zehn Geboten, im zweiten geht es um das Vaterunser.

"Kirche darf politisch sein"

Mit ihrem Buch wolle sie zeigen, dass das wohl bekannteste biblische Gebet Schlagkraft habe, sagte Käßmann. Der Satz "Unser tägliches Brot gib uns heute" könne gar nicht anders als politisch verstanden werden, wenn man sich den Hunger in der Welt vor Augen führe. Bei ihrer Buchvorstellung ergriff Käßmann erneut Partei für einen Standpunkt, den sie schon mit ihrer berühmte Afghanistan-Predigt und der Kritik am dortigen Krieg eingenommen hatte: "Kirche darf politisch sein", sagte sie. Nicht zuletzt seien auch Kirchentage Ausdruck des Politischen in der Kirche.

Das Vaterunser diene Christen dazu, auszudrücken, was sie bewege, auch wenn die Worte einmal versagten, erklärte sie. Ganz persönlich habe sie das einst bei der  Beerdigung eines fünfjährigen Kindes oder dem Tod des Nationaltorwarts Robert Enke erfahren. In solch sprachlosen Momenten bleibe ihr "auch nichts, als das Vater Unser", sagte Käßmann. Dieses Gebet sei für sie zudem Ausdruck der Ökumene: "Es zeigt, dass uns wesentlich mehr verbindet, als uns trennt."

Dass Beten auch auf ganz modernem Wege funktionieren kann, habe etwa das Twitter-Projekt des vergangenen Kirchentags gezeigt. Erstmals war die Bibel in Twitter-Format erschienen, also in Kurznachrichten zusammengefasst worden. Auch solche Nachrichten könnten eine Form des Gebets sein, "wenn sie ernst gemeint sind", sagte Käßmann und weiter: "Beten ist eine Lebenshaltung, eine Gesprächsbeziehung zu Gott." Die Beziehung zu ihrem Publikum pflegte Käßmann am Ende der Veranstaltung noch auf besondere Weise. Bevor sie Bücher signierte, stimmte sie gemeinsam mit den Wartenden das Kirchenlied "Sonne der Gerechtigkeit" an – in der ökumenischen Version, versteht sich. (pro)     

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