Kabarettist: Blasphemie gehört zum Karneval

Büttenredner und Karnevalsjecken machen auch vor Kirchen- und Glaubensthemen nicht halt. Darüber, ob Satire wirklich alles darf, gab es schon immer geteilte Meinungen. Nach Ansicht des Kölner Kabarettisten Jürgen Becker gehören Gotteslästerung und Kirchenkritik zum Karneval.
Von PRO

Der Sketch sorgte nicht nur in Köln für Kritik: In der Kölner "Stunksitzung" fährt Jesus grinsend auf einem Stehroller zu seiner Kreuzigung. Diese Szene sei ein Skandal und "sinnfreier Klamauk", kritisierte der Kölner Generalvikar Dominik Schwaderlapp. Auch wenn Menschen den christlichen Glauben nicht teilen, erwarte er "ein Mindestmaß an Respekt vor dem, was uns am heiligsten ist". Gegenüber der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" sagte er, die Stunksitzung habe mit dem Sketch eine "rote Linie" überschritten. Wo Gott nicht mehr respektiert werde, komme der Mensch unter die Räder. Das zeige die Geschichte.

"Jesus war mit seiner Behauptung, er sei der Sohn Gottes, für Römer und Juden gleichermaßen blasphemisch und provokant. Ohne Blasphemie kein Christentum", sagte Becker im Interview mit "Christ und Welt". Seiner Ansicht nach nehmen sich die Kirchen zu ernst. Die Leibfeindlichkeit vieler Religionen führe auch zu Humorlosigkeit. "Lust und lustig haben schließlich denselben Ursprung", sagte der Kabarettist, der 2008 das Buch "Religion ist, wenn man trotzdem stirbt" veröffentlichte. Karneval sei aber ein christliches Fest und solle diese jahrhundertealte Tradition bewahren.


"Ein Witz ist eine umgekehrte Zuwendung"

Auseinandersetzungen zwischen Vertretern der katholischen Kirche und der Stunksitzung haben eine lange Geschichte: Für Becker, der die alternative "Stunksitzung" 1984 gegründet hat, gehören sie als "Ritual" dazu. In den vergangenen Jahren hatte das Bistum Köln Scherze über Erzbischof Joachim Meisner kritisiert, die auf der Sitzung gemacht wurden. Derlei Bedenken sieht der Kölner Kabarettist Jürgen Becker gelassen: Er glaube kaum, dass ein Witz über Meisner andere Menschen verletze. "Bei Jesus sieht die Sache schon anders aus", räumt der Kabarettist gegenüber "Christ und Welt" ein. "Wenn Menschen sich mir gegenüber da betroffen äußern, gebe ich ihnen zu bedenken: Ein Witz ist umgekehrte Zuwendung."

"Erwarte ein Mindestmaß an Respekt"

Die Stunksitzung wird noch bis zum 21. Februar aufgeführt. Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) überträgt diese am heutigen Donnerstagabend, hat allerdings die umstrittene Szene herausgeschnitten. Die Darstellung in der Karnevalsshow sei nicht mit den WDR-Programmgrundsätzen, die religiösen Überzeugungen der Bürger zu achten, vereinbar, sagte eine Sprecherin des Senders gegenüber dem Bonner "General-Anzeiger".

Jürgen Becker moderiert die Kabarett-Sendung "Mitternachtsspitzen" beim WDR Fernsehen und hat auf "WDR 2" eine wöchentliche Radiosendung. Für sein Kabarett "Ja, was glauben Sie denn? – Eine kabarettistische Götterspeise" erhielt der 53-Jährige viel Lob von den Medien. Zur Zeit moderiert er das "Kabarett am Minarett" in der Duisburger Moschee. Hier will er nach eigenen Angaben ausloten, welche satirischen Möglichkeiten es vor einem muslimischen Publikum gibt. (pro/epd)

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