Christliche Medien sollten besonders kritisch mit der eigenen Szene umgehen. Das hat die Chefredakteurin der Tageszeitung (taz), Ines Pohl, am Donnerstag in Berlin erklärt – und erhielt Zustimmung von ihrem katholischen Kollegen Andreas Püttmann.
Von PRO
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Diksutierten über christliche Publizistik: (v.l.) Ines Pohl, Joachim Frank, Andreas Püttmann, Jens Bisky
Egal, ob Evangelischer Pressedienst, Katholische Nachrichtenagentur oder das Christliche Medienmagazin pro: Sie alle vereint die Ausrichtung an Glaubensinhalten und die Nähe zur Kirche. Was aber ist die Aufgabe christlicher Publizistik? Dieser Frage stellten sich am Donnerstag in Berlin vier Experten des Fachs: taz-Chefin Ines Pohl diskutierte bei der Katholischen Akademie mit dem gläubigen Journalisten Andreas Püttmann, dem Chefkorrespondenten der DuMont-Mediengruppe, Joachim Frank, und Jens Bisky, einem Redakteur der Süddeutschen Zeitung.
„Wollen Sie ein Vereinsblättchen sein?“
Für Pohl, die selbst katholisch getauft, aber aus der Kirche ausgetreten ist, steht fest: Journalisten dürfen und sollen eine Haltung vertreten. Problematisch werde die Sache dann, wenn die Weltanschauung dafür sorge, dass der Kollege nicht mehr wahrheitsgemäß berichte. Sie rief christliche Medien dazu auf, gezielt auch Probleme im eigenen Milieu aufzudecken, genauso, wie die linksgerichtete taz vor der Bundestagswahl kritisch über die Grünen berichtet habe. Wer ein Verkündigungsbedürfnis habe, solle dies in Kommentaren äußern – es dürfe sich aber nicht in den blanken Nachrichten niederschlagen. „Oder wollen Sie ein Vereinsblättchen sein?“, fragte sie in Richtung der katholischen Publizistik.
Püttmann hingegen erklärte: „Wir lügen uns selbst in die Tasche, wenn wir sagen, wir können Journalismus neutral betreiben.“ Natürlich sei es auch die Aufgabe katholischer Journalisten, sich an die Ethik des eigenen Berufsstandes zu halten. Dennoch sehe er im Gegensatz zu Pohl eine „Verkündigungsfunktion“ bei den christlichen Medien. Kirchlich orientierte Journalisten unterschieden sich in zwei Dingen von ihren säkularen Kollegen: „Sie kennen sich besser mit Kirche aus und sie betrachten säkulare Zusammenhänge im Licht des christlichen Glaubens.“ Das bedeute keineswegs, dass sie unkritisch gegenüber der Kirche sein sollten. Im Gegenteil sei es ihre Aufgabe, besonders das eigene Umfeld zu hinterfragen und so in die Kirche hineinzuwirken. „Besser wir tun es, als dass der Spiegel es tut“, sagte er.
„Eklatante Unkenntnis über Kirche“
Püttmann kritisierte „antikatholische Zerrbilder“ in der säkularen Medienlandschaft. Die Berichterstattung werde auf Themen der Sexualethik heruntergebrochen und das in Verbindung mit einer „eklatanten Unkenntnis“ der christlichen Landschaft. Eine Medienkampagne sehe er etwa in der Berichterstattung über den Missbrauchsskandal.
Auch Joachim Frank sieht einen weit verbreitete antikatholischen Reflex, „aber die Religiösen machen es einem auch nicht leicht“, sagte er. Er forderte die Kirche dazu auf, klar zu machen, welche positive Funktion sie in der Gesellschaft erfülle. In öffentlichen Debatten nehme er christliche Institutionen lediglich als die wahr, die den moralischen Zeigefinger erheben. Zudem sehe er einen „Selbstmitleidsreflex“ angesichts öffentlicher Kritik und schwindender Mitgliederzahlen. Letztlich habe der Missbrauchsskandal gezeigt, dass es in der Kirche eine „Wagenburgmentalität“ gebe.
Jens Bisky nahm die Medienbranche gegen die Vorwürfe Püttmanns in Schutz: „Medien sind nicht dazu da, in den richtigen Proportionen zu berichten.“ Stattdessen handelten sie genau wie andere Branchen nach Marktgesetzen. Eine antikatholische Propaganda sehe er nicht, wohl aber einen um sich greifenden Alarmismus unter Journalisten. Skandale würden schneller hochgekocht, das habe der Fall des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst gezeigt. Die Berichterstattung selbst seriöser Medien habe damals boulevardeske Züge angenommen, wenn etwa über jeden neuen Wasserhahn des Geistlichen berichtet worden sei. „Das wäre nicht passiert, wenn die katholische Publizistik funktionieren würde“, sagte er. Dann nämlich wäre der Fall Tebartz-van Elst Biskys Meinung nach zu diesem Zeitpunkt bereits in der Bistumspresse diskutiert worden – und größerer Schaden hätte vermieden werden können.
So rief auch Bisky die christlichen Medien dazu auf, besonders im eigenen Milieu kritisch zu berichten und vor allem „neue Ideen zuzulassen“. Wer sich als Verkündigungsorgan sehe, laufe Gefahr, immer dasselbe zu schreiben. Diesen Tipp gab auch Frank der christlichen Publizistik: „Bürsten Sie alles mal gegen den Strich!“ (pro)
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