Journalismus und Soziale Medien: „Wir brauchen klare ethische Leitplanken“

Die Südwestdeutschen Medientage stehen in diesem Jahr unter dem Motto „Medienkontrolle: Wer kontrolliert die Kontrolleure?“. Der Moderator des ARD-Politmagazins Report Mainz, Fritz Frey, forderte verlässliche ethische und journalistische Standards, an die sich auch Facebook und Co. halten sollten.
Von PRO
Fritz Frey ist Moderator des ARD-Politmagazins Report Mainz und Chefredakteur Fernsehen des SWR

Facebook, Twitter und Co. eröffnen neue Chancen und sorgen für Medienvielfalt. Jeder kann zum Sender einer Nachricht werden. Doch das habe nicht nur Vorteile, sagte Fritz Frey, Moderator des ARD-Politmagazins Report Mainz und Chefredakteur Fernsehen des SWR, bei der Eröffnung der Südwestdeutschen Medientage auf dem Hambacher Schloss. „Wie erkenne ich als Nutzer, was seriöser Journalismus ist und was Verschwörungstheorie? Ein Facebook-Post von Putins Propagandamaschine Russia Today sieht auf Deutsch ähnlich aus wie einer der Tagesschau“, sagte Frey.

Durch die sozialen Medien hätten die klassischen Medien ihre „Gatekeeper-Funktion“ verloren, sagte Journalist. Nicht nur Donald Trump mache sich das bei Twitter zunutze. „Jeder kann die eigenen Narrative an Medien vorbei in der Öffentlichkeit platzieren.“ Das gelte besonders für politische Parteien. Frey nannte als Beispiel die AfD. Sie sei die erste Partei mit einem Newsroom gewesen und bei Facebook sei keine andere Partei so aktiv wie die AfD. „Sie schafft damit ihre eigene Wirklichkeit.“ Kürzlich seien bei einem „CDU-Werkstattgespräch“ keine Journalisten dabei gewesen, denn die Partei habe einen Live-Stream geschaltet. Es habe deshalb nur von der Partei ausgewählte Bilder für die Öffentlichkeit gegeben. „Ich stehe einer solchen Entwicklung skeptisch gegenüber“, sagte Frey. Das alles sei bedenklich und münde in eine Gefahr für die Pressearbeit.

Wächterfunktion der Medien zulassen

Ein weiteres, bedenkliches Beispiel zur Möglichkeit der Nachrichtenverbreitung in den sozialen Medien sei das Attentat von Christchurch. Der Täter hatte die Tat per Facebook live übertragen. Zwar habe Facebook daraufhin Millionen dieser Videos auf der eigenen Plattform gelöscht. Doch Kopien kursierten weiterhin, sagte Frey. „Ein Pressekodex von Facebook und Co. ist dringend zu diskutieren“, sagte er. Durch die sozialen Medien entstehe eine neue Öffentlichkeit „jenseits der journalistischen Sorgfaltspflicht“. Und eine aktuelle Studie zeige, dass YouTube für 86 Prozent der 12- bis 19-Jährigen das Leitmedium ist. Frey sorgt sich nicht um Videos wie das vor kurzem veröffentlichte des YouTubers Rezo. Das falle unter Meinungsfreiheit. „Sorge macht mir die Gefährdung der Meinungsfreiheit durch professionelle Fake-Medien. Ein von Putin finanzierter Online-Sender. Ein deutscher Ableger von Breitbart-News“, nannte der Journalist einige Beispiele.

Parteien und Unternehmen sollten die Wächterfunktion der klassischen Medien deshalb zulassen, sagte Frey. Dass die Medien diese Rolle zuverlässig wahrnehmen könnten, zeige sich zum Beispiel dadurch, dass in vielen Anstalten Geld in den Ausbau von Recherche-Abteilungen gesteckt werde. Bei der Presse greife außerdem die Selbstkontrolle. Das zeige sich an der Spiegel- und Relotiusaffäre, die der Spiegel selbst aufgedeckt habe. Außerdem gebe es den Presserat, die Rundfunkräte und die Landesmedienanstalten, die eine Wächterfunktion über die Medien ausübten. „Journalistische Angebote müssen auch im digitalen Raum der Ethik unserer Profession entsprechen“, sagte Frey. Darüber hinaus brauche es auch für die sozialen Medien journalistische Selbstverpflichtungen: „Wir brauchen klare ethische Leitplanken.“

Die Südwestdeutschen Medientage in Landau stehen in diesem Jahr unter dem Thema „Medienkontrolle: Wer kontrolliert die Kontrolleure?“. Veranstaltet wird die Tagung von der Evangelischen Akademie Pfalz, unter anderem in Zusammenarbeit mit dem SWR, dem SR und der Universität Koblenz-Landau.

Von: Swanhild Zacharias

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