Jordanien: Christen koalieren mit Islamisten

Die Muslimbrüder sind eine der konservativsten Strömungen im Islam. In Jordanien versuchen Christen, sich politisch mit eben diesen Islamisten zu verbünden. Darüber berichtet Christ & Welt.
Von Jörn Schumacher
„If you cannot beat them, join them“ – Wenn du sie nicht besiegen kannst, schließe dich ihnen an, lautet das Motto einiger Christen in Jordanien

Viele Christen in der arabischen Welt engagieren sich bei moderaten Islamisten wie den Muslimbrüdern. Die Autorin Mareike Enghusen ist für Christ & Welt (C&W), einer Beilage der Wochenzeitung Die Zeit, in Jordanien der Frage nachgegangen, was sie sich davon erhoffen. Sie traf dabei unter anderem auf den jordanischen Christen Akef Smeirat. Er ist eine politische Allianz mit der islamistischen Partei „Islamic Action Front“ (IAF) eingegangen, berichtet C&W.

Die Partei ist der politische Arm der jordanischen Muslimbruderschaft, die erstmals im vergangenen September bei den Parlamentswahlen antrat. Die IAF gehört zur „Nationalen Allianz für Reform“, der auch vier Christen als unabhängige Kandidaten angehören, schreibt das Blatt. Zwar habe keiner der Christen einen der 15 Sitze gewonnen, „doch allein die Tatsache, dass Christen und Islamisten gemeinsam antraten, hat Erstaunen und Spekulationen ausgelöst“, heißt es in dem Beitrag.

Der 60-jährige Smeirat ist Inhaber einer kleinen Solar-Firma in Amman. Er sagt: „Korruption schadet uns allen. Ich wollte etwas verändern.“ Sein Bündnis mit der IAF beschreibt er als reine Zweckgemeinschaft. „Wenn sie Gesetze gegen Christen eingebracht hätten, hätte ich dagegengestimmt“, sagt der Jordanier. Die Autorin erklärt: „Nur etwa vier Prozent der Jordanier sind Christen. Ihr Bevölkerungsanteil sinkt seit Jahrzehnten; verhältnismäßig viele wandern aus, zugleich sind muslimische Familien tendenziell kinderreicher.“ Zwar gewähre der Staat den Christen Religionsfreiheit und reserviere ihnen neun Sitze im Parlament. „Doch Aufstieg der IS-Terroristen, Attacken gegen Minderheiten in der Region und islamistische Umtriebe in Jordanien selbst machen viele Christen nervös.“

Hoffnung auf bessere Beziehungen zwischen Muslimen und Christen

Es gibt jedoch auch Christen, die sich mit den Islamisten wie den Muslimbrüdern verbünden wollen. Der Grund: Sie wollen sich vor noch radikaleren Gruppen schützen. Diese Haltung vertritt beispielsweise der 66-jährige Audeh Quawas, der prominenteste der vier Christen auf der Liste der Allianz, hauptberuflich Chirurg. „Ich bin überzeugt, dass die Kooperation mit der IAF der beste Weg ist, um die christliche Präsenz in dieser Region zu untermauern“, sagte er gegenüber C&W.

„Die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen könnten sich dadurch erheblich verbessern.“ Er wäre sogar einverstanden, der Scharia größeren Raum zu geben, solange die Christen ihre eigenen religiösen Gerichte unterhalten. Er ist überzeugt: „Ich muss mit Islamisten zusammenarbeiten, um ihnen die islamistischen Themen auszureden.“ Er orientiert sich an dem englischen Sprichwort „If you cannot beat them, join them“ – Wenn du sie nicht besiegen kannst, schließe dich ihnen an. (pro)

von: js

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