Jesus-Papyrus: Neues Indiz für Fälschung

Im September machte die Veröffentlichung eines uralten Papyrus-Dokuments Schlagzeilen: Es könnte belegen, dass Jesus verheiratet war. Nun gibt es neue und schwerwiegende Indizien dafür, dass das Schriftstück gefälscht ist.

Von PRO

Ein Papyrus-Fragment soll Jesus mit den Worten "meine Ehefrau…" zitieren. Die Entdeckung sorgte Mitte September für Wirbel, als die Historikerin Karen L. King das Schriftstück in Rom der Öffentlichkeit präsentierte. Es wäre das erste schriftlich dokumentierte historische Indiz dafür, dass Jesus verheiratet war. Schon kurz nach der Veröffentlichung meldeten Wissenschaftler Skepsis am neuen Fund an. "Spiegel Online" berichtet nun über einen schwerwiegenden Beleg dafür, dass das Dokument gefälscht sein könnte. Demnach stellte Andrew Bernhard von der Oxford University fest, dass der Text aus Wörtern und Phrasen des Thomas-Evangeliums zusammengesetzt ist – und zwar aus der interlinearen Koptisch-Englisch-Übersetzung von Michael Grondin. Bei dieser steht die Übersetzung direkt unter dem Originaltext. Letzter wird Wort für Wort in einer anderen Sprache wiedergegeben.

Alle grammatikalischen Anomalien auf dem visitenkartengroßen Fragment deuteten daraufhin, dass Koptisch nicht die Muttersprache des Verfassers gewesen sei und er es nicht einmal gut beherrscht habe, sondern sich die Phrasen aus der Übersetzung von Grondin zusammengesucht habe, zitiert "Spiegel Online" Bernhard. Das auffälligste Indiz sei ein Schreibfehler auf dem Papyrus. Bei einem Buchstaben fehlt ein Strich. Und genau derselbe Fehler findet sich in der PDF-Version von Grondins Übersetzung des Thomas-Evangeliums. Grondin selbst soll die Übereinstimmung entdeckt haben. Eine chemische Untersuchung der Harvard-Universität soll schon bald absolute Sicherheit darüber geben, ob es sich bei dem Papyrus-Stück um eine Fälschung handelt.

Das Papyrus-Fragment aus dem 4. Jahrhundert ist acht mal vier Zentimeter groß, umfasst acht Zeilen und ist aus einem größeren Stück Papyrus ausgerissen, weswegen nur Textfragmente lesbar sind. Laut der Harvard-Universität enthält die vierte Zeile den Textauszug: "…Jesus sagte zu ihnen: Meine Ehefrau…". Nach dem Wort "Ehefrau" ist das Papyrus abgerissen. Eine Zeile darüber taucht der Name Maria auf. Weiter unten steht der Satz: "Sie wäre in der Lage, meine Schülerin zu sein." (pro)

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