„Jesus ist das Alpha und Omega gegen Angst“

Viele Menschen haben Angst. Dass sie nützlich ist, wissen nicht alle. Die Psychotherapeutin Sandra Erbach hat mit Katrin Faludi ein Buch über Gott, Psyche und Angst geschrieben. PRO verrät sie, wo Hebel sind, um den Angstkreislauf zu durchbrechen.
Von Johannes Blöcher-Weil
Angst ist ein beherrschendes Thema für viele Menschen

PRO: Frau Erbach, warum genau haben Menschen denn Angst?
Sandra Erbach: Angst schützt uns vor Menschen. Wenn ein Auto sehr schnell an uns vorbeifährt, dann schüttet der Körper bestimmte Hormone aus, die uns davor warnen, auf die Straße zu gehen.

Das hört sich zunächst mal sinnvoll an…
Angst kann sich in bestimmten Bereichen auch verselbständigen und eine negative Eigendynamik entwickeln. Menschen haben Angst vor Situationen, anderen Menschen oder einer Krankheit. Das überfordert manche auch und sie verlassen nicht mal mehr ihr Haus. Wenn ich Situationen bewusst vermeide, lerne ich auch nicht, dass diese anders als gedacht ausgehen können. Wenn ich massive Hürden aufbaue, nehme ich Gott die Chance, mich zu stärken. Ich empfehle immer, selbstbewusst in Situationen zu gehen und sich von Gott überraschen zu lassen. Wir wollen ermutigen, Gott im Großen und im Kleinen mehr Raum zu geben und meine Sorgen beim ihm abzugeben. Um Ängste zu überwinden, hilft eine gelebte Beziehung zu Jesus enorm.

Sie widmen sich dem Thema in Ihrem Buch „Über Gott und die Psyche“. Was hat es damit auf sich?
Sandra Erbach: Das Buch, das ich gemeinsam mit Katrin Faludi geschrieben habe, verknüpft den christlichen Glauben mit fundiertem psychotherapeutischem Wissen. Wir schauen uns an, was die Bibel zu dem Thema sagt und wie Jesus Not, Angst und Leid begegnet ist. Die Bibel ist ein therapeutisches Handbuch und unser Schöpfer der beste Heiler. Es gibt schon viele Ratgeber für Seelsorge und Lebensberatung, aber die Verknüpfung von Glauben und Psychotherapie gibt es selten.

Warum fällt es Menschen so schwer, ihre Angst einzugestehen?
Viele können ihre Ängste nicht formulieren, weil sie so vielschichtig sind. In der Therapie probiere ich mit ihnen eine Entdeckungsreise zu den Gründen zu machen. Bei manchen ist es die Angst vor einem Kontrollverlust, andere fürchten sich davor, ausgegrenzt zu werden oder fühlen sich zu unattraktiv. Diese Grundannahmen kann man aushebeln, weil sie oft nicht stimmen. Je nachdem, mit welchen Gedanken ich in ein Gespräch gehe, strahlt das unbewusst auf mein Gegenüber aus. Viele können sich ihre Angst auch nicht eingestehen, weil sie diese nicht benennen können. Sie verhalten sich so, dass sich die Angst innerlich bestätigt. Im Buch wollen wir mit dem Leser schauen, ob Gott vielleicht noch etwas Besseres mit ihm vorhat und was sein Leben bereichert.

Sandra Erbach und Katrin Faludi haben sich in einem Buch dem Thema Angst gewidmet (Foto: Gerth Medien)

Gibt es in diesem Bereich Unterschiede zwischen Männern und Frauen?
Wissenschaftler gehen davon aus, dass 15 Prozent aller 15- bis 35-Jährigen eine Angststörung entwickeln. Laut Forschung sind Frauen häufiger von klassischen Angststörungen betroffen. Sie wollen häufiger über ihre Belastungen und Probleme reden. Männer neigen eher in Richtung Selbstmedikation. Sie betäuben ihre Angst oder vermeiden die Situation, weil sie sich einreden, dass sie ihr nicht gewachsen sind. Männern können sich schwerer Schwächen eingestehen. Manche tendieren eher zu vermeintlich entlastenden Hilfsmitteln wie Substanzen, Alkohol oder Ablenkungen.

Welche Hebel gibt es, um den eigenen Angstkreislauf zu durchbrechen?
Wir müssen als erstes wahrnehmen, dass Angst in unserm Körper abläuft. Deswegen habe ich auch die Chance, sie in andere Bahnen zu lenken. Angst und Panik wahrzunehmen, ist sehr wertvoll. Wenn ich solche Situationen erlebe, kann ich lernen, sie aus einer anderen Perspektive zu bewerten und noch einmal neu auf die Situation zu schauen. Das verändert mich gedanklich und körperlich.

Sind in den letzten Jahren neue Ängste dazugekommen im Vergleich zu früher?
Ja, in der Corona-Pandemie sind die Ängste enorm gestiegen, sowohl analog als auch digital. Wir Menschen fürchten uns vor Chaos und Kontrollverlust. Wenn ich Ängste nicht durch herkömmliche Methoden kontrollieren kann, schleichen sich Zwänge in mein Leben. Das ist leider gestiegen. Auch Social Media führt zu einer Reizüberflutung. Wir haben Angst, nicht belastbar oder interessant genug zu sein. Dadurch berauben sich Menschen neuer Erfahrungen. Dabei hat Gott uns doch versprochen, dass er in den Schwachen mächtig ist und er uns hilft. Das kann enormes Potenzial freisetzen. Aber viele Menschen können das gar nicht genießen, weil sie es noch nicht verstehen

Wie gehen christliche Gemeinden mit dem Thema um?
Seit der ERF das Thema 2024 gesetzt hat, spüre ich eine Aufbruchstimmung. Menschen in jedem Alter wollen sich lieber mit Lösungen befassen als mit ihren Ängsten. Das Interesse geht quer durch alle christlichen Denominationen. Sie wollen verstehen, welche Chancen die Psychotherapie bietet und wie Gott dort wirken kann. Manche Christen wollen von mir wissen, ob Psychotherapie der Bibel widerspricht oder sie von Gott wegführt. Das verneine ich, weil sie Transparenz schafft und Probleme beseitigen möchte. Wir erklären, wie einen Ängste gefangen nehmen, aber auch was wir dagegen tun können. Die Menschen sehnen sich nach Freiräumen, um ihre Potenziale und ihre Möglichkeiten auszuschöpfen.

Was sagt Jesus zum Thema Angst?
Jesus ist das Alpha und Omega gegen Angst. Das zeigt die biblische Heilsgeschichte, die sich im neuen Bund offenbart. Um mein Leben besser zu verstehen, brauche ich eine gelebte Beziehung mit Jesus Christus.

Was ist für sie die hilfreiche Bibelstelle gegen Angst?
Mir persönlich hilft am meisten Johannes 16, 33 in der Luther-Übersetzung. Dort steht: „Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In dieser Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Der, der die Angst der Welt überwunden hat, hat auch meine Angst überwunden. Deswegen hat sie nicht das letzte Wort, sondern Jesus, weil er das lebendige Wort ist.

Sie haben das Buch zusammen mit Katrin Faludi geschrieben. Wie haben Sie sich als Autorinnen gefunden?
Ich war gerade Mutter geworden, als ERF Medien mich angefragt hat. Sie haben für einen Podcast über mentale Gesundheit eine christliche Psychotherapeutin gesucht. Katrin Faludi hat das Projekt betreut. Aus der Zusammenarbeit ist auch die Idee für das Buch entstanden. Wir erklären, warum es Angst gibt und was Menschen dagegen tun können. Das Buch richtet sich nicht nur an Betroffene, die hier Impulse brauchen, sondern auch an Menschen, die sich erstmals mit dem Thema befassen.

Wie fällt die bisherige Resonanz aus?
Viele Menschen schreiben uns, dass sie das Buch zu zweit oder in Hauskreisen durcharbeiten. Auch die Rückmeldungen von Fachleuten während des Podcasts waren bisher positiv. Das hat uns ermutigt und das Schreiben positiv beeinflusst. Wir haben bisher in dem Prozess viel Segen erlebt.

Wie hat sich das bemerkbar gemacht?
Die Aufnahmen des Podcasts waren für mich als junge Mutter immer eine Herausforderung. Aber am Ende bin ich immer beschenkt und beflügelt nach Hause gegangen. Gott hat uns gute Gedanken geschenkt, aus denen Kapitel für das Buch und praktische Übungen entstanden sind. Viele haben uns geschrieben, dass sie so ein Buch nützlich finden, das fachliches und biblisches Wissen verzahnt.

Das Buch „Heavenly Mental“ ist bei Gerth Medien erschienen (Foto: Gerth Medien)

Welche positiven Gedanken können mein Leben verändern?
Das funktioniert nicht immer von heute auf morgen. Viele unserer Gedanken laufen schon seit Jahrzehnten in unserem Gehirn ab und lassen sich nicht leicht aushebeln. Die synaptischen Verknüpfungen in unserem Gehirn und Nervensystem sind sehr effizient. Wir müssen deswegen neue Verknüpfungen schaffen und verstetigen. Wenn das gelingt, macht das einen Unterschied. Mir hilft Gottes Aussage der Bibel, wer er ist und wer ich für ihn bin. Wenn ich diese Botschaft über meine eigene Prägung stelle, dann trägt mich das durch den Tag und trägt Früchte. Wenn ich weiß, dass Gott mich interessant findet und mit mir Gemeinschaft haben will, dann verändert mich das dauerhaft. Wir sollten selbst kleine Veränderungen in einem Lebensbereich feiern, etwa wenn ich mich eine neue Sache traue. Außerdem ist nicht jeder negative Gedanke in meinem Leben gleich eine Depression. Aber auch diese Gedanken kann ich mit Gott besprechen und bei ihm abgeben.

An wen kann ich mich denn wenden, wenn ich praktische Hilfe brauche?
Das ist natürlich themenbezogen. Wenn mich alltägliche Dinge belasten, kann ich mich Freunden anvertrauen und mit ihnen beten. Gute soziale Kontakte sind da enorm wichtig. Bei größeren Problemen plädiere ich für fachliche Hilfe und eine klare Diagnostik durch einen Psychotherapeuten. Wir haben für unseren Beruf klare Standards und eine Sorgfaltspflicht, für die wir uns verantworten müssen. Das schützt unsere Patienten. Mit Hilfe einer klaren Diagnose ergibt Psychotherapie Sinn. Viele Christen denken, dass Therapeuten ihnen den Glauben absprechen. Aber das dürfen wir gar nicht. Ganz im Gegenteil. Wir nutzen alle Ressourcen, die dem Patienten helfen. Er ist der Experte für sein Thema.

Vielen Dank für das Gespräch.

Sandra Erbach & Katrin Faludi, Heavenly Mental – Über Gott und die Psyche: Ein Praxisbuch gegen Angst, 176 Seiten, Gerth Medien, 20 Euro, ISBN 9783986951726.

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