Das Titelthema der neuen Cicero-Ausgabe dreht sich um die wohl rÀtselhafteste Persönlichkeit der Geschichte: Jesus von Nazareth. Die Theologen Martin Dreyer und Klaus Berger portrÀtieren den Gottessohn, der zu Weihnachten zwar noch von vielen gefeiert wird, aber immer mehr in Vergessenheit gerÀt.
Von PRO
19. Dezember 2014
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Foto: Cicero / pro
Titelthema des Magazins Cicero ist Jesus. Das Cover sorgte fĂŒr Komplikationen im deutschen App-Store von Apple
Passend zum kommenden Fest steht Jesus auf dem Titel des politischen Magazins Cicero. Doch wer eine weihnachtliche Krippengeschichte erwartet, liegt falsch. Stattdessen steht eine rĂ€tselhafte Person im Mittelpunkt, welche die Welt auf den Kopf gestellt hat. Mit einem provokanten Bild und in goldenen Lettern wirbt das Magazin fĂŒr das Thema: Jesus steckt in buntem Outfit und hat Tattoos und Piercings, in der Hand hĂ€lt er einen Joint, im Hintergrund leuchtet ein Heiligenschein. Mit der Illustration soll offensichtlich der ârebellische Charakterâ Jesu dargestellt werden.
Diese Wahl des Titelbildes brachte Hindernisse mit sich: Das neue Cicero-Magazin erschien nicht im digitalen Zeitungskiosk des Technikkonzerns Apple, wie das Magazin Horizont berichtet. Apple achtet strickt auf die Einhaltung der Richtlinien fĂŒr die Publikationen im App-Store. Da passte der Joint rauchende Jesus nicht hinein, und Apple sah die Bestimmungen zum Jugendschutz verletzt.
âEr war erster Freak der Geschichte und bleibt Gottes letztes Wortâ
Martin Dreyer, freier evangelischer Theologe und GrĂŒnder der âJesus Freaksâ, stellt seinen Beitrag unter den Titel âHappy Birthday, Alter!â In lockerer Jugendsprache beginnt er mit einem Zitat aus dem Johannes-Evangelium im Volxbibel-Deutsch. Es geht um die Hochzeit von Kana. Als erstes Wunder Jesu ist es âeine Story aus der Wirklichkeit. Nichts Religiöses, Abgehobenes. Nein, ganz aus dem Leben.â Jesus, Gottes âWort aus Fleisch und Knochenâ habe nicht wie âein guter Katholik, ein frommer evangelischer Christ gesagt: âDas ist ein Zeichen des Himmels. Ab jetzt geht die Party ohne Alkohol weiter.â Nein, nicht so der Messias. Der heilige Gott hat als erstes Wunder ein Party gerettet.â
Dreyer fĂ€hrt fort, Jesus als lebensnahen, fröhlichen Menschen darzustellen. Er habe das Leben geschaffen und âweiĂ wie man das Leben am besten meistertâ. Zu dem sei Jesus auch auĂerhalb der Kirche bei den Menschen zu finden. âJesus, der Immanuel, ist ĂŒberallâ und âauch fĂŒr AlltĂ€gliches zustĂ€ndig.â Jesus war âein Freak, einer, der Dinge anders dachte und anders machte. Er schaffte es, dass das, was wir Kirche nennen vom Tempel auf die StraĂe kam und stellte das Wertesystem der Welt auf den Kopfâ, schreibt Dreyer. Wohl eher ein Rebell als ein Friedensstifter.
âJesus war kein Pazifistâ
FĂŒr den katholischen Theologen und Neutestamentler Klaus Berger bleibt Jesus âin erster Linie eine rĂ€tselhafte Persönlichkeitâ. In dem Interview mit Cicero kritisiert er, die Jesus-Bilder der letzten Jahrhunderte seien je nach der zu bedienenden Klientel vom Zeitgeist manipuliert worden. âAus meiner Sicht ist Jesus zunĂ€chst einmal ein Fremder, den wir nicht verstehen.â Er sei ohne EinschrĂ€nkungen Jude gewesen, Messias der Juden, sagt Berger. âDas Christentum insgesamt ist nur vorstellbar als ErfĂŒllung des Judentums und der alttestamentlichen VerheiĂungen.â In Jesus wohnte Gott leibhaftig bei seinem Volk, fĂ€hrt Berger fort. In ihm sei der Ort, an dem man Gott finde.
In den Augen des Katholiken war Jesus ein WundertĂ€ter, wie die Gestalten im Alten Testament. âEine rĂ€tselhafte Persönlichkeit, die das Unmögliche fordert.â Zu Lebensfragen lautet seine Antwort: âDu sollst Gott radikal Ă€hnlicher werden in dem, was du tust.â Das heiĂe Abschied und Sein-Lassen. Dass Jesus Pazifist gewesen sei, verneint Berger. âEr war kein Ideologe der Gewaltfreiheit, aber er zeigte den Menschen den einzigen Weg zum Frieden.â WĂŒrde Jesus heute leben, wĂ€re er âGroĂstadtseelsorger in Hannoverâ. (pro)