Jesus-Darsteller: Vergebung macht die Welt zum besseren Ort

Der Bayerische Rundfunk zeigt am 1. Weihnachtsfeiertag den zweiteiligen Film „Ihr Name war Maria“. Darin spielt Andreas Pietschmann Jesus. pro hat mit ihm über Jesus als Vorbild und seine kritische Sicht auf die Kirche in der heutigen Gesellschaft gesprochen.
Von PRO
Der gebürtige Würzburger spielte am Theater und wirkte in Fernseh- und Kinoproduktionen mit

pro: Sie stellen in „Ihr Name war Maria“ Jesus dar. Welche Rolle spielt Jesus in Ihrem Leben?

Andreas Pietschmann: Ich bin in einer großen Familie katholisch aufgewachsen, war Messdiener und habe diesen Glauben kennengelernt. Er spielt keine alltägliche Rolle in meinem Leben. Allerdings begegnet Jesus Christus einem immer wieder. Er ist eine ganz besondere Figur, die wie keine andere unsere Gesellschaft, unsere ganze Erde im Lauf der letzten 2.000 Jahre geprägt, die Menschen beeinflusst und Dinge verändert hat. Für mich ist es weniger interessant, ob seine Geschichte wahr ist und ob er wirklich der Sohn Gottes ist. Für mich ist er einfach eine Figur, die da ist. Ich habe keine andere Figur gefunden, die so zum Vorbild taugt wie Jesus. Wenn ich mir vergegenwärtige und lese, was er gesagt hat, was er vorhatte und forderte, sind das unheimlich viele schöne, beeindruckende Dinge.

Glauben Sie, dass Jesus gelebt hat?

Absolut. Ich glaube, dass es Jesus Christus gegeben hat. Ich glaube nicht, dass er eine Erfindung war. Ich bin ein Mensch, der bereit ist, zu glauben und zu akzeptieren, dass sich bestimmte Dinge mit dem Menschenverstand und von der Wissenschaft nicht erklären lassen. Daher ist mir bewusst, dass manches, was mir in meinem eigenen Leben widerfahren ist, nicht unbedingt mein Verdienst ist, oder Zufall oder Glück. Ich empfinde und betrachte es als Geschenk.

Sie hatten mit 19 Jahren einen schweren Unfall. Hat der Ihr Gottesbild verändert?

Der Unfall hat mein Bewusstsein verändert, vor allem in Bezug auf die Wertschätzung dieses Lebens. Ich bin mir durchaus bewusst, dass das ein Unfall war, der auch wesentlich schlimmer hätte ausgehen und der mein Leben hätte beenden können. Dass ich überlebt habe, habe ich immer als Geschenk, als zweite Chance empfunden, und damit auch als Aufgabe. Es gibt einen Grund, warum ich noch da bin und weitermachen kann. Ich rufe mir das immer wieder ins Bewusstsein. Viele Dinge, die einem im Leben passieren, sind Geschenke. Ich kann nicht alles beeinflussen. Das heißt aber nicht, dass ich mich bequem zurücklehne, alles passieren lasse und sagen kann, ich habe ja sowieso keinen Einfluss darauf.

Was würde sich verändern, wenn die Worte Jesu mehr Bedeutung in der Gesellschaft hätten, von Menschen gehört und gelebt würden?

Ich kann es nicht wirklich berechnen, was es verändern würde und wie das Leben wäre. Ich habe nur – neben vielen anderen Prinzipien, die Religionen fordern – das Prinzip der Vergebung als ein ganz tolles, sinnvolles und schenkendes Prinzip wahrgenommen. Jeder ist bestimmt in die Situation gekommen, Mist gebaut zu haben und war froh darum, eine zweite Chance zu bekommen. Wenn das in der Gesellschaft eine größere Rolle spielen würde und in der Art und Weise, wie Menschen, Völker und Religionen miteinander umgehen, wäre die Welt ein besserer Ort. Das gefällt mir am christlichen Glauben, aber auch bei den anderen Religionen, in denen das vorkommt.

Sie kommen aus einer katholischen Familie. Wie stehen Sie zur Institution Katholische Kirche?

Zwiegespalten. Ich glaube und sehe, dass die Kirche sehr viel Gutes schafft und sehr vielen Menschen einen positiven Halt, Zusammenhalt, eine gute Gemeinschaft bieten kann. Die Kirche leistet viel Gutes in der Altenpflege, in Krankenbetreuung, bei sehr vielen Aspekten, die der Staat alleine gar nicht schaffen könnte. Aber es gibt auch Positionen der Kirche, die ich falsch und nicht zeitgemäß finde.

Welche Positionen der Katholischen Kirche empfinden Sie als nicht zeitgemäß?

Nach wie vor sind Männer und Frauen innerhalb der Kirche nicht gleichgestellt. Fast immer bekleiden Männer Ämter, Männer diktieren, wo es langgeht. Auch beim Umgang mit Homosexualität gibt es noch wahnsinnig große Sperren, Ängste und Ungerechtigkeiten. Ich fände es wichtig und richtig, wenn dort die Kirche den Menschen eine größere Freiheit und Gleichheit zugestünde. Manche Haltungen sind einfach zu festgefahren. Das ist schade, weil das gerade jungen Menschen den Zugang zur Kirche und zu dieser Gemeinschaft erschwert.

Wie haben Sie sich auf diese außergewöhnliche Rolle des Jesus vorbereitet?

Diese Rolle unterscheidet sich sehr von anderen Rollen, bei denen ich mich auf mein Handwerk und die Spontanität verlassen kann. Ich habe mehr als sonst ausprobiert und recherchiert. So viele Menschen haben ein ganz konkretes Bild von Jesus Christus und dem kann ich nicht gerecht werden, weil die Vorstellungen der Menschen so unterschiedlich sind. Da konnte ich nur verlieren. Deswegen habe ich versucht, so viel wie möglich zu erfahren und meinen eigenen Zugang zu finden. Ich wollte alle Denkschemata und Schablonen, Interpretationen, die man aus Kirche, Schule und Gesellschaft kennt, abstreifen und meinen eigenen Blick finden. Ich habe sehr viel im Neuen Testament gelesen und versucht, herauszufinden, was Jesu Worte mit mir machen, wenn ich sie lese. Dabei ist mir aufgefallen, dass das Drehbuch sehr gut recherchiert ist.

Was hat es denn mit Ihnen gemacht?

Die Bergpredigt spielte im Casting und auch im Film eine große Rolle. Als ich gelesen habe, was Jesus anspricht und postuliert, habe ich mich gefragt: Kann ich das, was er da fordert und selig preist? Die normale Reaktion ist: Das kann ich nicht schaffen, das ist zu schwer. Eigentlich sind es aber ganz einfache Regeln wie „selig sind die Barmherzigen, die Friedfertigen und die reinen Herzens sind“. Das nimmt nicht Bezug auf ein kompliziertes Leben und komplizierte Gedanken. Wenn jeder versuchen würde, sich diese ein bisschen zu Herzen zu nehmen und danach zu leben, wäre die Welt sicherlich ein besserer Ort. Das sind einfach Dinge, die mich beeindrucken, wenn ich sie lese und mich frage, ob sie noch Aktualität haben in der heutigen Zeit. Denn das haben sie.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Martina Schubert. „Ihr Name war Maria“: BR, 25. Dezember, 20.15 Uhr (Teil 1) und 22.00 Uhr (Teil 2)
https://www.pro-medienmagazin.de/fernsehen/detailansicht/aktuell/emzweiteiler-im-erstenem-ihr-name-war-maria/
http://www.andreaspietschmann.com/
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