Jemen: „Wurden sie ermordet, weil sie Christen sind?“

Die genauen Todesumstände sind noch unklar. Doch eines steht fest: Die beiden im Jemen ermordeten jungen Frauen Anita G. und Rita S. waren engagierte Christen, studierten an der Bibelschule Brake im nordrhein-westfälischen Lemgo und absolvierten ein Praktikum im Jemen. Einiges spricht dafür, dass die beiden auch aufgrund ihres Glaubens von Islamisten umgebracht wurden.
Von PRO

Die Erschütterung über den Mord an den beiden Bibelschülerinnen ist groß. Albert S,. der Vater der 26-jährigen Rita S., sagte in einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Sie war ein Engel. Gott hat uns viel Gutes geschenkt. Mit seiner Hilfe werden wir auch diese Tragödie verkraften.“ Er habe mit seiner Tochter einen Tag vor der Entführung noch telefoniert, sie sei sehr glücklich gewesen, „den Menschen im Jemen helfen zu können“. Albert S. sagte weiter, dass viele Freunde und Verwandte seiner Tochter von dem Einsatz abgeraten hätten. „Sie war aber von ihrem Wunsch, den Ärmsten Hilfe zukommen zu lassen, nicht abzubringen.“ So habe er sie „mit Gottes Segen“ fahren lassen, meint Albert S. gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Rita S. und Anita G. waren seit Juni als Pflegerinnen im Krankenhaus von Saada im Jemen tätig.

„Vorbilder durch ihre Liebe zu Gott und den Menschen“

Auch die Leitung und Mitstudenten der Bibelschule Brake im lippischen Lemgo sind erschüttert über den Mord. „Mit tiefer Bestürzung haben wir die Nachricht vom Tod unserer Studierenden Anita G. und Rita S. aufgenommen“, heißt es auf der Homepage der Bibelschule. Und weiter: „Anita G. und Rita S. waren Studierende des dritten Jahrgangs unserer Ausbildungsstätte. Aufgrund ihres ausgeprägten sozial-diakonischen Engagements entschieden sie sich für ein Praktikum im Jemen. Dort brachten sie sich als Kurzzeitmitarbeiter von ‚Worldwide Services‘ im Krankenhaus von Saada in die medizinische Versorgung der Bevölkerung ein.“ Beide seien Studentinnen gewesen, „die mit ihrer Liebe zu Gott und den Menschen ein Vorbild waren“.

Entsetzen herrscht auch bei der Hilfsorganisation „Worldwide Services“: „Nach meinen Informationen waren die neun Leute mit zwei Autos in einem Randgebet der Stadt Saada unterwegs zu einem kurzen Ausflug. Sie waren nur wenige Meilen von dem Krankenhaus entfernt“, sagte Paul Lieverse, Sprecher der Organisation, gegenüber „stern.de“. „Es ist eine schreckliche Tragödie.“ Die beiden jungen Frauen waren auch Mitglieder der Immanuelgemeinde in Wolfsburg, einer Freien evangelischen Baptistengemeinde. Auf deren Homepage schreibt die Gemeinde: „Wir trauern! Wir nehmen Abschied von unseren geliebten Gemeindemitgliedern Anita und Rita. Unsere Anteilnahme und unsere Gebete gelten besonders den Familien, den Angehörigen und den Freunden.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprachen den Angehörigen der ermordeten Frauen ebenfalls ihre Anteilnahme aus. „Das ist eine sehr traurige Nachricht“, sagte Merkel am Dienstag. Steinmeier sagte, die genauen Todesumstände seien noch unklar. Über den Verbleib der übrigen fünf vermissten Deutschen habe die Regierung keine gesicherten Erkenntnisse, sagte der Vizekanzler. „Wir müssen davon ausgehen, dass sie in der Hand skrupelloser Gewalttäter sind.“ Es handelt sich um ein deutsches Ehepaar mit ihren vier- und dreijährigen Töchtern und ihrem elf Monate alten Sohn. Das jemenitische Militär fahndete mit Hubschraubern nach ihrem Verbleib.

„Das Verhalten der Geiselnehmer ist verwirrend“

Über den Grund des Mordes an den beiden Christinnen wird nach wie vor spekuliert. Experten bezweifeln jedoch, dass die Entführung der Deutschen im Zusammenhang mit Lösegeldforderungen durch Islamisten im Jemen stehe. Unklar bleibe, ob die Terrororganisation Al-Qaida oder lokale Muslime für die Geiselnahme und den Mord verantwortlich sind, zitiert der „Tagesspiegel“ aus Sicherheitskreisen. Das Verhalten der Geiselnehmer sei verwirrend. Rein kriminelle Gruppen würden sich rasch melden und Lösegeld verlangen – und die Tötung von Geiseln möglichst vermeiden. Bei islamistischen Entführern sei eine Botschaft zu erwarten, in der politische Forderungen gestellt werden. Bislang ist jedoch noch keine Botschaft etwa im Internet bekannt.

„Wurden sie ermordet, weil sie Christen sind?“, fragt die „Bild“-Zeitung in ihrer aktuellen Ausgabe. Und zitiert aus einem bereits im März 2008 veröffentlichten Schreiben von Al-Qaida: „Daher warnen wir Euch noch einmal, Ihr Ungläubigen: Hütet Euch! Hütet Euch davor, die arabische Halbinsel mit welcher Verkleidung auch immer zu betreten: egal ob als Tourist, Diplomat, Wissenschaftler, Helfer oder Journalist. Wenn Ihr es doch tut, werdet Ihr zum Ziel unserer Mudschahedin. Bei Allah – noch immer tropft Blut vom Messer Abu Musabs. Und das Messer von Abu Musab halten nun wir!“ Mit Abu Musab sei Musab az-Zarqawi gemeint, der bis 2006 Anführer der Terrorgruppe im Irak gewesen sei und am 7. Juni 2006 von US-Truppen getötet wurde.

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