Janosch und der Kirchenhasser-Club

Er ist einer der bekanntesten Kinderbuchautoren des Landes, seine Figuren wie etwa Tiger und Bär, Günter Kastenfrosch oder die Tigerente, fehlen in fast keinem Kinderzimmer. Grußkarten des Zeichners jedoch, die mit christlichen Sprüchen versehen sind, wären schlicht undenkbar: Janosch ist alles Christliche verhasst, oder besser: alles Katholische.
Von PRO

Voller Wärme, Solidarität und Freundschaft sind seine Kinderbücher: „Wenn man einen Freund hat, dann braucht man sich vor nichts zu fürchten“ ist das Motto der vielen Figuren aus der Feder von Janosch. Oft sind es freche Gesellen, wie zum Beispiel das „Lumpengesindel“. Rund 300 Bücher hat Janosch geschrieben, manche wurden in 40 Sprachen übersetzt. Tigerente und Co. sind zu Markenzeichen geworden, es gibt sie als Stofftier, Holzspielzeug, Wärmflasche oder als Fahrrad. Im Fernsehen läuft seit elf Jahren erfolgreich der „Tigerenten-Club“.

„Katholisch geboren zu sein, ist der größte Unfall meines Lebens“

Doch jenseits von Kuscheltieren und Abenteuergeschichten macht Janosch, der eigentlich Horst Eckert heißt, ab und zu wegen seiner religionskritischen Ansichten von sich hören. Bekannt sind von ihm Aussprüche wie „Katholisch geboren zu sein, ist der größte Unfall meines Lebens“, „Die Taufe ist für die Eltern ein Zwang unter Androhung der ewigen Hölle“ oder „Katholisch ist das Reizwort, dann gerate ich in eine unerträgliche Wut“.

Seine tiefe Abneigung gegen die Kirche geht auf seine Kindheit zurück, wie er selbst sagt. „Erstens war mein Vater ein Säufer“, sagte Janosch anlässlich seines 75. Geburtstages vor einem Jahr gegenüber der „Deutschen Welle“. „Er hatte eine Hundepeitsche, um mir beizubringen, was er für richtig hielt. Er prügelte auch meine Mutter und sie wiederum mich. Und dann steckte man mich in die Kirche und da fing die Bedrohung an: ‚Wenn du nicht glaubst, was wir dir sagen, wenn du nicht tust, was wir dir sagen, dann kommt das Schlimmste, was nämlich nach dem Tod passiert.‘ Und ein kleines Kind glaubt das ja, gell, du wirst als Sünder geboren, als Ergebnis einer Sünde, die begangen wird und dann fängt die Verwirrung an. Ich war mit 13 in einer totalen Psychose.“ Als Janosch sich in einem Zeitungsinterview fünf Charaktereigenschaften zusprechen sollte, sagte er: „Autist. Ketzer. Lümmelhaft. Vertrottelt. Eine fünfte fällt mir jetzt nicht ein.“

Janosch, 1931 im oberschlesischen Hindenburg geboren, arbeitete zunächst in Oldenburger Textilfabriken, besuchte anschließend die Textilfachschule in Krefeld und ging 1953 nach München, um Maler zu werden. Er bestand zwar die mehrfach wiederholten Probesemester an der Kunstakademie nicht, hatte jedoch in den 60er Jahren durchschlagenden Erfolg mit seinen ersten selbstgemalten Kinderbüchern. Im Verlag „Beltz&Gelberg“ erschienen Klassiker wie „Oh, wie schön ist Panama“ oder „Janosch erzählt Grimms Märchen“.

Nach selbstzerstörerischen Jahren in München, seinem „Schwabinger Lotterleben“, wie er es nennt, verbrannte er allen überflüssigen Besitz und zog sich 1980 auf die Kanaren-Insel Teneriffa zurück, wo er bis heute lebt. Dort hat er weder Telefon noch großes Interesse an sonstigem Kontakt mit der Welt.

Nun sorgte am Donnerstag vergangener Woche eine Pressemitteilung für Verwirrung, nach der Janosch alle Rechte an seinen Werken an die religionskritische „Giordano Bruno-Stiftung“ abgetreten habe. Der Vorsitzende der betont atheistischen Stiftung, Herbert Steffen, erklärte dazu am Stiftungssitz in Mastershausen, er freue sich sehr über das große Vertrauen, das Janosch der Stiftung entgegenbringe. „Als Gegenleistung bekommt er 50 Prozent der Einnahmen, sofern es denn je Einnahmen geben wird.“ Doch am Montag darauf verkündete die „Janosch Film & Medien AG“ in Berlin: es handele sich um eine „Tiger-ENTE“, die Meldung sei falsch. Die Rechte an Janoschs Werken gehören nach wie vor ihr. Seit einigen Jahren verkauft die „Janosch Film & Medien AG“ Lizenzen für Bücher, Filme und Tigerenten und erwirtschaftete damit im vergangenen Jahr einen Umsatz von knapp 1,2 Millionen Euro.

„Tagebuch eines frommen Ketzers“

Tatsache ist: Janosch gehört der Giordano Bruno-Stiftung als Beirat an. Zudem schreibt er an einem neuen Buch mit dem Titel „Tagebuch eines frommen Ketzers“. Es soll den Lesern, vor allem „den Christlichen Parteien ein wenig Religionsunterricht geben“, sagte Janosch kürzlich der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Die wissen ja nichts über ihren Katechismus – wetten?“ Wie der Zeichner gegenüber dem „Humanistischen Pressedienst“ mitteilte, arbeite er zurzeit „mit großer Freude“ an diesem „autobiographischen Werk“.

Janoschs Abneigung gegenüber der Kirche trat zuletzt durch eine bissige Karikatur zum Vorschein, die den Titel „Taufe“ trug. Darauf ist ein Pfarrer zu sehen, der einem kleinen Täufling ein Kreuz mit einem Hammer in den Bauch rammt. Auch wenn er dem Katholizismus den Rücken gekehrt hat, die Bibel war auch Thema seiner jüngsten ausgestellten Bilder: In neun Farbradierungen illustriert er Geschichten aus dem Alten Testament. Ab und zu finden sich Janosch-Bilder, auf denen ein Engel zu sehen ist, und darunter die Worte „Halleluja“ oder „Hosianna“.

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber warnte vor Janosch als einem „falschen Propheten“. Man dürfe nicht zulassen, dass der 76-Jährige mit seinen teilweise antireligiösen Zeichnungen und Äußerungen Zugang zu unseren Kinderzimmern erlange, sagte Stoiber laut der „Rheinischen Post“ am 8. Juni in Berlin.

Laut dem „humanistischen Pressedienst“ antwortete Janosch auf Stoibers Worte: „Ich habe mich unglaublich gefreut, von einem so enorm ‚schwergewichtlichen‘ Politiker wie Herrn Sträuber überhaupt wahrgenommen und damit wohl als bedeutend anerkannt zu werden.“ Nach dieser „herzlichen ministerpräsidialen Ermutigung“ werde er „noch engagierter in religiöser Richtung“ arbeiten. In einem Brief an den Ministerpräsidenten, den Janosch allerdings nicht abschickte, da er „leider nicht die passende Marke zur Hand hatte“, heißt es: „Grüß Gott, Herr Stoiber! Damit Sie wissen, wogegen Sie kämpfen, sollten Sie einmal die Religionsunterrichtsbücher in Ihrem Land lesen. Dort werden Sie nämlich eine Menge meiner hochmoralischen Ketzergeschichten finden. Wahrlich nicht ich habe sie dort untergebracht, sondern Ihre Leute. Wie konnten nur so viele ‚falsche Propheten‘ – ich bin nicht der Einzige! – in bayrische Schulbücher gelangen? Mit saufröhlichen Ketzergrüßen, Ihr Janosch (Profet – fasche Propheten schreiben sich so, Herr Streusel! Mit f wie Fogel…)!“

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