Hadas-Handelsman sprach sich am Montagabend vor gut 200 Zuhörern dagegen aus, den sogenannten arabischen Frühling mit den Umbrüchen im Ostblock zum Ende der Sowjetunion zu vergleichen. „Die europäischen Staaten hatten ein demokratisches Erbe, was bei den arabischen Ländern nicht der Fall ist“, sagte er. In Europa hätten Akteure des Wandels wie der tschechische Aktivist Václav Havel für Veränderung gesorgt. „Wo sind diese Aktivisten in der arabischen Welt? Dort gibt es die Muslimbrüder. Und was das bedeutet, haben wir gesehen.“
„Die Israelis müssen sich auf harte Sparmaßnahmen einstellen“, erklärte der Botschafter im Bezug auf den gerade veröffentlichten Sparhaushalt der Regierung Netanjahu. „Die Wahlen haben gezeigt, dass die innenpolitischen Themen für die Israelis derzeit am wichtigsten sind.“ Weiter sagte er: „Unter den Industrienationen ist unsere Wirtschaft eine der stabilsten, was wir auch der Hochtechnologiebranche und vielen innovativen Projekten verdanken.“ Gerade in den Bereichen Wasser oder Landwirtschaft sei Israel gerne bereit, seine Errungenschaften mit den Nachbarstaaten zu teilen – das scheitere aber oft, da diese das Angebot nicht annähmen.
Für die jungen Israelis, die in der vergangenen Woche erneut gegen die Sparpläne ihrer Regierung demonstriert hatten, werde die Lage jedoch zunächst nicht besser: „Es wird sogar noch schlimmer werden, weil wir unsere Schulden abbezahlen müssen und die Regierung deswegen das Budget gekürzt hat“, erklärte Hadas-Handelsman. Es sei noch zu früh, um zu sagen, ob die neue Regierung Netanjahu eine erfolgreiche Regierung sei – an den Themen Wirtschaft und Soziales müsse sie sich aber messen lassen.
Israelische Staatsräson: „Wir verteidigen uns selbst“
Der Diplomat dankte Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel für das Bekenntnis zur Sicherheit Israels, machte aber unmissverständlich klar: „Seit der Gründung unseres Staates gehört es zu unserer Staatsräson, dass wir uns nicht auf andere verlassen, wenn es um unsere Verteidigung geht. Wir freuen uns über Solidarität, aber wir erwarten keines Falls, dass deutsche Soldaten für uns kämpfen.“
Um die Freundschaft Israels zu den USA sei es gut bestellt: „Man sagt, dass die Chemie zwischen Premierminister Netanjahu und Präsident Obama nicht besonders gut war, aber ich glaube, die beiden haben nun eine Art Mini-Honeymoon (kurze Flitterwochen, d. Red.) begonnen“, sagte Hadas-Handelsman. Die bilateralen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten seien selten besser gewesen als in den vergangenen Jahren. „Das ist keine Vermutung, sondern das lässt sich an der Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste klar belegen.“
Mit Blick auf den Friedensprozess mit den Palästinensern erklärte der israelische Botschafter: „Jede israelische Regierung will dazu beitragen, auch die aktuelle. Die Frage ist: Wollen das die Palästinenser auch?“ Die Palästinenser schienen „verliebt in die Politik der einseitigen Schritte“, weil sie von der internationalen Gemeinschaft ohne jede Gegenleistung viel Unterstützung erhielten. Es liege im eigenen Interesse Israels, ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Beide Seiten müssen dabei schmerzvolle Kompromisse eingehen.“
40 Jahre Partnerschaft zwischen Siegerland und Israel
Zu der Veranstaltung hatte der Siegener CDU-Bundestagsabgeordnete Volkmar Klein eingeladen. Zwischen den Kreisen Siegen-Wittgenstein (Nordrhein-Westfalen) und Emek Hefer (Zentralisrael) besteht seit über 40 Jahren die älteste öffentliche Partnerschaft zwischen den beiden Staaten. Klein und Hadas-Handelsman hatten vor dem Vortrag des Botschafters örtliche Unternehmen besucht und Gespräche mit Israel-Interessierten aus der Region geführt.
„Israel kann sich nicht nur auf die Freundschaft der Bundeskanzlerin, sondern auch auf eine breite Zustimmung in der deutschen Gesellschaft verlassen“, sagte Klein am Abend. Deutschland stehe auch deshalb an der Seite Israels, weil beide Länder gemeinsame Vorstellungen davon hätten, wie eine Gesellschaft aufgebaut sein sollte: „Freiheit, Menschenrechte und eine funktionierende Demokratie sind die Werte, die uns mit Israel verbinden.“ (pro)