IS-Medienstrategie: Mit moderner Technik gegen den Westen
Die Medienstrategie de Terrororganisation Islamishcer Staat (IS) ist effizient und modern – und das nicht erst seit Kurzem. Technisch ist der IS uns zehn Jahre voraus, meint der Wissenschaftler Nico Prucha vom King‘s College in London. Aber man kann gegensteuern.
Anschlagsziel „Bataclan”: Die Terroristen des IS organisierten die Anschläge von Paris im vergangenen November per SMS
Das Netzwerk der Dschihadisten ist groß, weltweit erreichbar und prinzipiell zugänglich für jeden. Denn das Internet bietet lauschige Plätzchen, sei es bei Twitter oder Facebook, um Mitglieder für den IS und dessen Feldzug anzuwerben. So finden sich Sympathisanten in geschlossenen Gruppen bei Facebook zusammen. Dort können sie sich organisieren und austauschen.
Kaum hinterher kämen die Behörden, um derartige Gruppen zu löschen, heißt es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Und selbst wenn: Die Mitglieder sind professionell genug, um in einem solchen Fall weiter kommunizieren zu können. Zwar nicht über die Gruppe, aber online sei das Kernnetzwerk immer irgendwie, erklärt Nico Prucha, der am „International Centre for the Study of Radicalisation“ in London zu islamistischem Terrorismus in sozialen Netzwerken forscht. Wie ein Fischschwarm fänden die IS-Sympathisanten immer wieder zusammen.
„Kommunikation des IS kaum zu stoppen“
Dahinter steht eine professionelle Medienmaschine des IS, die weit über die Kommunikation in sozialen Netzwerken hinausreicht. Die Islamisten, die den französischen Priester in Saint-Étienne-du-Rouvray ermordeten, planten ihren terroristischen Akt über die App Telegram, berichtet die FAZ. Die erlaubt es, Nachrichten mit einer bestimmten Technik zu verschlüsseln.
Dass diese App als Kommunikationsmittel unter IS-Anhängern begehrt ist, zeigt die Sperrung von zahlreichen Telegram-Propaganda-Kanälen nach den Terroranschlägen in Paris im November vergangenen Jahres. Rund 80 seien es gewesen, gab der App-Hersteller damals bekannt. Ob eine Sperrung dieser Kanäle jedoch zielführend sei, bleibe unbeantwortet, heißt es in dem Zeitungsbericht – und verweist darauf, dass die Attentäter von Paris selbst unverschlüsselt per SMS kommunizierten. Dem etwas entgegenzusetzen oder gar die Kommunikation zu stoppen, sei zu spät. „Man muss sich das vorstellen wie ein Nervenzentrum, das rund um die Uhr Öffentlichkeitsarbeit für den IS betreibt“, erklärt Prucha. „Technologisch haben wir schon verloren.“
IS-Magazin ruft zum Kampf gegen Christen auf
Doch auch auf gedruckte Medien, die zusätzlich online abrufbar sind, setzt die Terrororganisation IS. Das professionell gestaltete Hochglanzmagazin Dabiq erscheint auf Englisch und kann einfach im Internet heruntergeladen werden. Dennoch ist der Inhalt ohne Arabisch-Kenntnisse nicht immer zu verstehen, denn es tauchen darin immer wieder arabische Fachbegriffe und Symbole auf. Doch aus der aktuellen Ausgabe mit dem Titel „Break the Cross“ (Zerstöre das Kreuz) geht schnell hervor, dass der Krieg des IS den Christen gilt. Das Titelbild zeigt einen IS-Kämpfer, der das Kreuz von einer Kirche entfernt und dort die IS-Flagge hisst.
Außerdem findet sich in dem Magazin eine Liste mit sechs Gründen, warum der IS Christen hasst. Das Vorwort ist mit verstörenden Fotos der Anschläge in Orlando, Nizza, Würzburg und Ansbach bebildert. „Versteckte Anhänger“ im Westen werden darin ermutigt, „ohne Zögern“ Anschläge zu verüben. Die Macher des Magazins setzen auch auf Emotion. Ästhetische Kinderbilder, so das eines schüchternen muslimischen Mädchens, nutzen sie, um auf eine fehlende Zurückhaltung westlicher Frauen zu verweisen. Laut Prucha, der seit mehreren Jahren zum Dschihadismus forscht, verfolge der IS eine klare Theologie, die er auf diese Weise über die eigenen Medien verbreite.
Den Terroristen den Nährboden entziehen
Eine technische Eindämmung der vom IS ausgehenden Netzwerke sei kaum möglich, erklärt Prucha. Aber mit einem Forscherteam arbeiten sie derzeit daran, eine alternative Narration des Korans zur islamistischen Auslegung zu erarbeiten. Die Forscher versuchen also unter Beteiligung zahlreicher muslimischer Organisationen und Wissenschaftler, die Theologie des IS zu widerlegen. Ziel: Den Terroristen den Nährboden entziehen. Um ihn für orientierungslose Jugendliche unattraktiv zu machen. (pro)
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