„Innere Verweltlichung der Kirche“

Zum Reformationstag hat der Journalist Reinhard Bingener in einem Kommentar für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Profillosigkeit vorgeworfen. Orientierungslos hechele sie dem Zeitgeist hinterher.
Von PRO

Besonders die Aktion zum diesjährigen Reformationstag, von den Kirchtürmen Zettel ("Segensflieger") mit "seelenschönen" Worten zu werfen, ist für Bingener ein Beispiel für die Unfähigkeit der Kirche, ihren Glauben kraftvoll zum Ausdruck zu bringen. Im Gegenteil mache sie sich mit diesem "Mummenschanz" in der Öffentlichkeit lächerlich. "Die religiöse Höhe des Evangeliums wird man Menschen so jedenfalls nicht vermitteln."

Zwar habe die EKD unter Wolfgang Huber, der von 2003 bis 2009 Ratsvorsitzender der EKD war, mit dem Reformprogramm "Kirche der Freiheit" den Versuch unternommen, dieser Tendenz entgegenzuwirken. Doch mit dem Ausscheiden Hubers habe die Reform an Elan verloren. "An die Stelle des Reformstrebens ist das Reformgerede getreten." Anstatt sich auf die Kernaufgaben der Kirche – Gottesdienst, Seelsorge und Bildung – zu konzentrieren, habe sie mit überflüssigen Reformbüros "Spielwiesen für Funktionäre" eingerichtet.

Neben dieser mangelnden Konzentration auf das Wesentliche wirft Bingener der EKD einen fehlgeleiteten Umgang mit den Bekenntnisschriften aus der Reformationszeit vor. Für viele Funktionäre der EKD seien sie lediglich ein Ausdruck des Pluralismus des deutschen Protestantismus. Eine Diskussion aber, was eigentlich die religiöse Grundlage der Kirche sei, werde abgewürgt. "Als mögliche Quelle für eine Reform ist das Bekenntnis bisher nicht in den Blick gekommen", schreibt Bingener.

Dem entspreche ein "befremdlicher Kult" um die Barmer Theologische Erklärung von 1934. Er sei nicht nur Ausdruck für die Fixierung auf das Politische im Protestantismus. Er deute auch die "schleichende Verwandlung" von Bekenntniskirchen zu einer Kirche, die sich vornehmlich über ihre Organisation definiere. "Diese Entwicklung ist vielleicht die wichtigste Ursache der inneren Verweltlichung der Kirche", kommentiert Bingener.

Die Barmer Theologische Erklärung tauge schon daher nicht als Ersatz für ein Bekenntnis, weil es damals darum gegangen sei, das Verhältnis von Kirche und Staat zu bestimmen, und nicht darum, "Frömmigkeit auf den Begriff zu bringen". Doch besonders nachdem die Protestanten bei dem Papstbesuch in Deutschland wie "provinzielle Bittsteller" in Erscheinung getreten seien, habe die Frage nach einem Profil an Dringlichkeit gewonnen. Ein solches Profil aber sei einzig und allein aus dem "religiösen Wesenskern des reformatorischen Christentums" abzuleiten. (pro)

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