Immer mehr Einträge in Ärzteliste

Eine zentrale Liste mit Praxen, in denen Schwangerschaftsabbrüche möglich sind, findet immer mehr Zuspruch. 301 Praxen haben sich bisher eintragen lassen. Kritikerinnen boykottieren die Liste.
Von Nicolai Franz
In der Liste der Bundesärztekammer können sich Inhaber von Praxen eintragen lassen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen

Seit Mitte 2019 können sich Arztpraxen, in denen Abtreibungen möglich sind, in eine zentrale Liste der Bundesärztekammer eintragen. Frauen im Schwangerschaftskonflikt können sich dort über eine Suchfunktion entsprechende Praxen in ihrer Nähe anzeigen lassen.

Die Liste war Teil des Kompromisses der Großen Koalition nach einer langen Debatte um Paragraf 219a des Strafgesetzbuches, der ein Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche vorsieht. Der Bundestag änderte das Gesetz so, dass Ärzte auf ihrer Internetseite angeben dürfen, dass sie Abtreibungen durchführen. Weitere Informationen, etwa über Methoden, dürfen sie nicht aufführen, da dies je nach Formulierung einen werblichen Charakter haben könnte. Diese Informationen stehen allerdings in der neuen Liste der Ärztekammer, in die sich entsprechende Praxen – freiwillig – aufnehmen lassen können.

Schon 301 Praxen sind eingetragen

Anfangs gab es nur geringen Zuspruch für die Liste. Bis Anfang August 2019 fanden sich nur 87 Adressen in der Liste, die meisten stammten von bereits existierenden regionalen Registern aus Hamburg und Berlin. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Donnerstag berichtete, wuchs die Zahl bis Anfang September auf 215. Heute sind es bereits 301 Einträge.

Einige Ärztinnen wollen bewusst nicht auf der Liste erscheinen, darunter die Gießener Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel und ihre Kasseler Kollegin Nora Szász. Kritikerinnen wie Hänel fordern eine Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen, auch nach der Reform des betreffenden Paragrafen. Die Liste halten sie für keine tragfähige Lösung. Manche Ärzte fürchteten, dadurch an den Pranger gestellt und von Abtreibungsgegnern eingeschüchtert zu werden.

Im Dezember 2019 wurde Hänel vom Landgericht Gießen erneut wegen unerlaubter Abtreibungswerbung verurteilt, da sie auf ihrer Internetseite unter ihren Leistungen auch Schwangerschaftsabbrüche genannt und zudem weitere Informationen darüber veröffentlicht hatte. Hänel gab an, Revision einlegen und notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Unter Juristen ist es umstritten, ob der Paragraf 219a in seiner jetzigen Form verfassungskonform ist.

Eine Berliner Ärztin, die ebenfalls verurteilt worden war, legte im Dezember beim Verfassungsgericht Beschwerde ein. Das aktuelle Gesetz schaffe keine Rechtssicherheit.

Von: Nicolai Franz

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