Die Verlage und Verwertungsgesellschaften verwiesen auf eine repräsentative Erhebung, an der 2011/2012 rund 870 katholische Gemeinden teilgenommen haben. Für die evangelische Kirche lägen keine belastbaren Zahlen vor, teilte ein Sprecher mit. Den wirtschaftlichen Schaden für Komponisten, Textdichter und deren Chorverlage schätzt der Geschäftsführer der VG Musikedition, Christian Krauß, im niedrigen bis mittleren siebenstelligen Bereich. Nicht nur die Betroffenen würden durch das illegale Kopieren geschädigt, auch die Vielfalt des kirchenmusikalischen Musizierens leide darunter. Für viele Verlage lohne es sich kaum noch, neue Chorwerke zu publizieren, betont Krauß.
Raubkopien in der Kirche?
Dabei handele es sich nur um die „Spitze des Eisbergs“, da nur jene Kopien erfasst worden seien, die aus Unkenntnis der Rechtslage übermittelt wurden, sagte Krauß. Die Dunkelziffer der illegalen Kopien könnten deutlich höher liegen. Die dezentrale kirchliche Struktur und die rechtliche Selbstständigkeit der Gemeinden erlaube kaum effektive Maßnahmen zur Vermeidung der Urheberrechtsverstöße, „da die Verletzungen des geltenden Rechts durch die Gemeinden und Kirchenmusiker vor Ort erfolgten“, teilte der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) mit.
„Es ist bedauerlich, dass die Verantwortungsträger in der katholischen Kirche offensichtlich nicht dazu bereit sind, ernsthaft eine für Komponisten und Textdichter unhaltbare Situation zu verändern“, moniert der Präsident des Deutschen Komponistenverbandes Enjott Schneider gegenüber dem Online-Portal Musikmarkt.de. VG Musikedition, deutscher Komponistenverband und deutschen Musikverleger-Verband prüften nun weitere Möglichkeiten. Dabei gehe es auch darum, wie mit den aktuellen Rechtsverletzungen umzugehen ist.
Katholische Kirche fühlt sich missverstanden
Die katholische Kirche lege großen Wert darauf, die Rechte anderer zu achten, auch beim geistigen Eigentum, sagte Pressesprecher Matthias Kopp der deutschen katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zu den Vorwürfen. Deshalb habe der VDD in den vergangenen Jahren mit den Verwertungsgesellschaften gemeinsam die Pfarreien und kirchlichen Einrichtungen auf die Rechtslage hingewiesen. In einer Broschüre sei unmissverständlich auf das Verbot von Chorkopien hingewiesen worden.
Der Verwertungsgesellschaft warf Kopp durch eine verkürzte Darstellung eine „grobe Irreführung“ vor. „Damit wird das vom VDD ausgesprochene Problembewusstsein und die jahrelange Zusammenarbeit in keiner Weise gewürdigt“, meinte er gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur. Es sei bedauerlich, dass die VG Musikedition ihren eigenen Wunsch nach einem Gespräch übergehe und den Konflikt über die Öffentlichkeit austrage. (pro)