„Ich will keinen Kulturkampf“

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht in der Auseinandersetzung um den Bildungsplan einen Kulturkampf. Er nehme die Kritiker der Pläne ernst, aber ihre Ängste seien nicht berechtigt, sagte er in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit.
Von PRO
Winfried Kretschmann kritisiert im Zeit-Interview die Kritiker des Bildungsplanes in Baden-Württemberg
Der Grünen-Politiker Kretschmann sagte im Interview, die „überspannten Debatten“ um die Neufassung des Bildungsplanes in Baden-Württemberg hätten Formen eines „Kulturkampfes“ angenommen. Doch dies sei „das Letzte, was ich will, schon gar nicht bei diesem Thema“. Der Streit dreht sich vor allem um die Absicht der Landesregierung, die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ stärker im Schulunterricht zu fördern. Kritiker überreichten dem baden-württembergischen Parlament Ende Januar die Petition „Kein Bildungsplan unter der Ideologie des Regenbogens“, die über 190.000 Bürger aus ganz Deutschland unterzeichnet hatten. Kretschmann sagte in der Zeit, er nehme die Ängste dieser Menschen ernst. Er kündigte erneut an, mit den Bildungsplan-Gegnern sprechen zu wollen. Gleichzeitig wies er die Bedenken als „unberechtigt“ zurück, der Staat würde Kinder zu Homosexualität erziehen. Der Ministerpräsident kritisierte, dass die Landesregierung durch Umerziehungsvorwürfe mit der Petition „in die Nähe totalitärer Regime gerückt“ werde: „Das geht ja wohl mal gar nicht! Wir erziehen niemanden um.“ Kretschmann äußerte sich besorgt über die „spürbare Tendenz, überall wieder Mauern hochzuziehen“, wie es seiner Einschätzung nach durch die Online-Petition gegen den Bildungsplan aus „Angst vor der Pluralisierung der Lebensstile“ geschehen sei. Sein Kabinett setze hingegen auf „Aufklärung im Kantschen Sinne“: „Selber denken, sich jederzeit in einen anderen denken – nur so können junge Menschen feste Standpunkte erwerben und anderen gegenüber tolerant sein. Nur so können aus Vorurteilen Urteile werden.“

„Pädophilie ist ein Verbrechen“

Wie Kretschmann, der selber Biologielehrer war, sagte, sei „schwule Sau“ eines der häufigsten Schimpfwörter unter Schülern. Einer solchen Diskriminierung könne er nicht zusehen, sagte er als Begründung, warum Fünftklässler über Transgender und Intersexuelle Bescheid wissen müssten. Kretschmann bezeichnete es als „riesigen Fortschritt der Moderne“, dass der Staat nicht mehr in die persönliche Lebensführung eingreife, solange sich diese im gesetzlichen Rahmen bewege. Dies sei bei Pädophilie jedoch nicht gegeben. „Wer pädophil veranlagt ist, kann das nicht ausleben. Wir halten das für ein Verbrechen und für Kindesmissbrauch.“ Das Konzept des Gender-Mainstreaming verteidigte Kretschmann im Interview mit der Zeit. Hinter dem „Wortungetüm“ steckten gute Anliegen. „Wir gehen nicht davon aus, dass Mädchen naturgemäß mit Puppen spielen und deshalb soziale Berufe ergreifen sollten.“ Ob die Unterschiede zwischen Männern und Frauen biologische oder soziokulturelle Ursachen hätten, sei eine Frage der Wissenschaft. Aufgabe der Politik sei es, dafür zu sorgen, dass niemand aufgrund dieser Unterschiede diskriminiert oder benachteiligt werde. (pro)
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