In der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung Die Zeit spricht ehemaliger Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), über das Verhältnis von Religion und Demokratie – und mahnt dabei sowohl den Islam als auch das Christentum.
Von PRO
11. Juni 2015
Foto: pro
Nicht nur Muslime, sondern auch Christen müssten ihre Haltung zum demokratischen Rechtsstaat immer wieder neu hinterfragen, findet Wolfgang Huber
„Viele Muslime in Deutschland haben noch immer das Gefühl, nicht vollständig anerkannt zu sein“, sagte Huber im Gespräch mit der Zeit. „Deshalb versuchen sie, ihre Religion abzugrenzen von deren extremen Vertretern – auch weil sie fürchten, sonst als demokratieunfähig wahrgenommen zu werden.“ Für diese Furcht habe er zwar Verständnis, forderte jedoch Vorsicht vor einer Verharmlosung des Islamismus.
In den vergangenen Monaten ernteten muslimische Theologen seitens muslimischer Verbände immer wieder scharfe Kritik, wenn diese sich für Reformen einzusetzen versuchten. Dafür gibt es laut Huber einen Grund: „Weil es schmerzt, das eigene fundamentalistische Potenzial einzugestehen.“ Das betreffe nicht nur Muslime, sondern auch christliche Theologen täten sich damit schwer. „Und doch muss sich der Islam genau wie das Christentum fragen lassen, ob er unter das Dach der Freiheit passt, den Rechtsstaat bejaht und unser Religionsverfassungsrecht anerkennt.“
„Missbrauch religiöser Gewissheit verhindern“
Ein Bekenntnis der Religion zur Demokratie bedeute in der Praxis schließlich auch, dass der islamische Religionsunterricht nicht nur dem Islam verpflichtet sei, sondern auch der Freiheit, so der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende. Ein Imam könne sich nach der Veröffentlichung von Mohammend-Karikaturen in seinen religiösen Gefühlen verletzt sehen und das auch artikulieren. Allerdings dürfe er daraus kein Recht ableiten, den Urheber der Zeichnung zu töten. „Wir müssen eine freie kritische Auseinandersetzung mit den Religionen verteidigen. Und das Recht, Karikaturen geschmacklos zu finden“, sagt Huber. „Aber ebenso wichtig ist es, den Islam als Minderheitenreligion in seiner öffentlichen Erkennbarkeit zu fördern und wenn nötig, zu verteidigen.“
Dass junge Schüler das Kalifat wieder attraktiv fänden, liege unter anderem an der strikten Trennung zwischen Kirche und Staat hier in Deutschland, meint Huber. In einer unübersichtlich gewordenen Welt sehnten sich einige Menschen nach Orientierung. Die moderne Gesellschaft produziere mehr Fragen als Antworten. Deshalb suchten manche nach absoluter Verbindlichkeit. „Und wenn sie die ultimative Antwort haben, dann meinen sie, alle anderen damit beglücken zu können. Notfalls mit Gewalt. Ab diesem Missbrauch religiöser Gewissheit muss man sie hindern – um der Religion und um der Menschen willen.“ (pro)
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