Homosexualität, der SWR und Missverständnisse

Der Südwestrundfunk (SWR) hatte am Donnerstag vergangener Woche in der "Landesschau Baden-Württemberg" schwere Vorwürfe gegen die christliche Organisation "Wüstenstrom" erhoben. Ein Anonymer klagte in einem Bericht, er habe von seiner Homosexualität wegkommen wollen, Wüstenstrom habe ihm dabei jedoch nicht helfen können. Der SWR wirft "Wüstenstrom" dennoch vor, Homosexuelle "umzupolen" und dem Mann massiv Schaden zugefügt zu haben.
Von PRO

Andreas wird er genannt, ein Mann von 25 Jahren, der unerkannt bleiben will. Gegenüber den SWR-Reportern Caroline Wenzel und Martin Klein klagt er, er habe von „Wüstenstrom“ Hilfe erbeten. Drei Jahre habe er das Therapie-Angebot des christlichen Vereins mit Sitz in Tamm bei Ludwigsburg genutzt. Erfolglos, wie er sagt. Von seiner Homosexualität sei er nicht weggekommen. Stattdessen gehe es ihm körperlich und psychisch schlechter als vor drei Jahren.

„Wüstenstrom“ ist nach eigener Aussage ein „Beratungsdienst, der Menschen begleitet, die ihre Sexualität konflikthaft empfinden“. Etwa jeder Vierte, der zu ihnen komme, empfinde homosexuell, teilte der Sprecher von „Wüstenstrom e.V.“, Stefan Schmidt, mit. Die Beratung sei durchweg entscheidungsoffen, und es sei keinesfalls Ziel der Therapie, Homosexuelle „umzupolen“. Dabei sei Wüstenstrom die „Freiheit des Personseins“ sowie die Entscheidungsfreiheit des Ratsuchenden in Bezug auf einen Therapiewechsel wichtig, so Schmidt.

SWR sieht „Probleme mit Homosexuellen“

Der SWR-Film berichtete, dass Wüstenstrom „ein Problem mit Homosexuellen“ habe: „Experten schlagen Alarm, denn hier würden Homosexuelle in umstrittenen Therapien zu Heterosexuellen umgepolt, mit katastrophalen Folgen.“ In dem Film erklärte Schmidt, ihm sei keine Person bekannt, der es durch die Wüstenstrom-Therapie nachher schlechter ging als vorher. Der SWR jedoch interviewte das anonyme „Opfer“ „Andreas“, der bei der Organisation angeblich „4.000 Euro in nutzlose Seminare investiert“ habe, sowie den Psychotherapeuten Udo Rauchfleisch, der Wüstenstrom „Schädigung von Menschen“ vorwirft.

Andreas sei nach drei Jahren, in denen er die Therapie von „Wüstenstrom“ in Anspruch nahm, „psychisch und körperlich am Ende“, berichtet er. Der „gläubige evangelische Christ“ kenne sogar Fälle, wo Personen Selbstmord verüben wollten, weil ihnen bei „Wüstenstrom“ keine Hilfe gegeben werden konnte. Schließlich habe ihm ein anderer Therapeut geraten, seine Homosexualität zu akzeptieren und auszuleben. „Heute geht es dem 25-Jähirgen wieder besser“, so die SWR-Autoren.

„Wir bieten keine Seminare zur Veränderung der sexuellen Orientierung an“, betonte Schmidt im Interview, „sondern wir begleiten Menschen bei Lebensfragen, die sie haben. Und die haben meistens mit Konflikten im Bereich der Sexualität zu tun.“

Pressekonferenz auf dem „Christival“ ignoriert

Der interviewte Therapeut Rauchfleisch legte in dem Bericht nahe, dass Andreas sich keinen anderen Therapeuten hätte nehmen können. „Wüstenstrom“ reagierte am Montag mit einer öffentlichen Stellungnahme zum SWR-Bericht, da dieser dem Ansehen ihrer Arbeit und den Ratsuchenden „direkt schade“. Darin erklärt Schmidt auf den Vorwurf Rauchfleischs, das Ziel der christlichen Therapie sei „eindeutig festgelegt“: „Bereits seit zehn Jahren weist Wüstenstrom seine beraterische Ethik durch eine ausführliche Selbstverpflichtung aus. Hierin ist die Ergebnisoffenheit wesentlicher Bestandteil. Diese Selbstverpflichtung ist und war für Herrn Rauchfleisch genauso wie für den SWR auf unserer Webseite nachzulesen.“ Zudem stehe es jedem Gast frei, den Therapeuten zu wechseln. Wüstenstrom-Therapeuten verwiesen auf Fachkollegen und Psychiater, „wenn das vom Ratsuchenden gewünscht wird oder wenn im Beratungsverlauf vom Berater eine Notwendigkeit zur psychiatrischen Abklärung festgestellt wird“. Schmidt fügte hinzu: „Herr Rauchfleisch kennt Wüstenstrom und unsere Arbeit nicht.“

Der SWR verbreite in seinem Film, der auf der Webseite des Senders zu sehen ist, „unwahre Tatsachenbehauptungen“ und Behauptungen, die im Bericht nicht nachgewiesen würden.

Schmidt prangert zudem an, dass der SWR nicht auf die Pressekonferenz eingegangen sei, in der anerkannte Verbände und Experten dieses Gebiets auf dem „Christival“ Anfang Mai in Bremen aufgrund der Vorwürfe bezüglich eines umstrittenen Seminars ihre Arbeit erklärt hatten. So kamen dort etwa Vertreter des christlichen „Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft“, Therapeuten, die Ratsuchenden bei Problemen mit ihrer Homosexualität helfen, sowie persönlich Betroffene zu Wort. „Der SWR hatte diese Pressekonferenz ebenfalls aufgezeichnet“, so Schmidt. Dort hätte bereits geklärt werden können, dass es keinesfalls Ziel der Therapeuten sei, Homosexuelle „umzupolen“, sondern dass vielmehr die Betroffenen mit der Bitte um Hilfe freiwillig zu ihnen kämen.

Auch die angeblichen Kosten, die „Andreas“ angibt, seien für Schmidt „nicht nachvollziehbar“: „Richtig ist, dass Wüstenstrom für Einzelberatungen einen Kostenbeitrag in Höhe von 50,- Euro pro Stunde und für 3tägige Intensivseminare in Höhe von 180,- Euro erbittet.“ Wenn besagter Andreas, dessen Identität „Wüstenstorm“ nicht bekannt ist, nach drei Jahren erfolgloser Therapie nun „zufrieden homosexuell“ lebe, begrüße die Organisation das ausdrücklich. (PRO)

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