„Homeschooler“ vor Gericht gescheitert

Kinder gehören in die Schule. Das befand nun das Bremer Oberverwaltungsgericht. Gegen die Schulpflicht ihrer Kinder hatte das Ehepaar Neubronner vor Gericht geklagt. Seit 2005 unterrichten Neubronners ihre Söhne nur noch zu Hause.
Von PRO

Etwa 500 Kinder, so schätzt „Spiegel Online“, besuchen in Deutschland entgegen dem Gesetz keine reguläre Schule. Zu diesen „Homeschoolern“ gehören auch Moritz und Thomas Neubronner. Die Eltern der 12- und 9-Jährigen klagten um ihr Recht auf Heimunterricht – und scheiterten vor dem Oberverwaltungsgericht Bremen. „Dieser Fall stellt keine besondere Ausnahme dar. Ausnahmen machen wir im Fall schwer kranker Kinder oder wenn Kinder mit ihren Eltern auf Forschungsreisen gehen müssen“, erklärte der Schuljustitiar Detlef von Lührte laut „Welt Online“ vor Gericht. Die Richter gaben der Klage der Familie nicht statt und schlossen eine Revision aus.

Söhne fühlen sich in der Schule nicht wohl

Das Ehepaar Neubronner, ein Sozialpädagoge und eine Biologin, gibt an, seine Kinder zu Hause zu unterrichten, weil sich die beiden Söhne in der Schule nicht wohlfühlten. In den öffentlichen Einrichtungen seien sie krank geworden, der Heimunterricht habe keine religiösen Gründe, schreibt „Welt Online“. Laut „Spiegel Online“ hatten die Neubronners ihre Kinder zu Hause nach dem „Modell Summerhill“ unterrichtet, das davon ausgeht, dass Kinder gerne, viel und freiwillig lernen, solange man sie zu nichts zwingt. „Neubronners Söhne dürfen tun, was sie wollen, ihre Eltern geben Anregungen, aber keine Anweisungen“, heißt es im Artikel. Ein Fallstrick für die Neubronners dürfte vor allem gewesen sein, dass sie die Leistungen ihrer Kinder nicht nachweisen konnten. In anderen EU-Ländern wie Österreich, Frankreich oder Großbritannien ist Heimunterricht gesetzlich erlaubt. (pro berichtete)

In Deutschland hingegen ist die Schulpflicht gesetzlich festgelegt. Das belegen zahlreiche Gerichtsurteile: 2006 entschied das Bundesverfassungsgericht mit Verweis auf den staatlichen Erziehungsauftrag, Eltern seien nicht berechtigt, ihre Kinder aus religiöser Überzeugung vom Schulbesuch abzuhalten. Im selben Jahr entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass die deutsche Schulpflicht mit europäischem Recht und den Menschenrechten vereinbar ist. 2007 entschied der Bundesgerichtshof, dass unverbesserlichen „Homeschoolern“ gar das Sorgerecht entzogen werden kann.

Gutachten: Schule kann schädlich sein

„Homeschoolern“ wird von deutschen Behörden meist vorgeworfen, sie isolierten ihre Kinder. Dies, so glauben viele Experten, behindere deren Sozialisation. Familie Neubronner widerspricht diesem Argument. Ihre Kinder, so gab das Ehepaar vor Gericht an, besuchten diverse Vereine, verbrächten also ausreichend Zeit mit Gleichaltrigen. Die Anwälte der Familie Neubronner bezogen sich in ihrer Argumentation vor Gericht unter anderem auf ein Gutachten des Dortmunder Erziehungswissenschaftlers Franco Rest vom Januar dieses Jahres. Dieser hatte die Frage aufgeworfen, ob Kinder „den täglichen mehrstündigen Aufenthalt in einem Raum mit einer Klasse/Gruppe anderer Gleichaltriger brauchen, um sich gesund zu sozialisieren“ und sie mit „eher nein“ beantwortet. „Ein solcher Aufenthalt mit 20 bis 25 Gleichaltrigen könne ’sogar erhebliche und schwerwiegende Schädigungen zur Folge haben‘ „, schreibt „Welt online“ über Rests Ergebnisse.

Trotz dieses Rückschlags will Familie Neubronner weiterkämpfen. In einer Erklärung teilte das Ehepaar mit, es wolle entweder versuchen, per Beschwerde die Zulassung der Revision zum Bundesverwaltungsgericht erreichen, oder direkt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anrufen. Sie und ihr Mann würden notfalls auch die europäische Justiz bemühen, sagte Dagmar Neubronner. (PRO)

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