Holthaus: „Bitte keine fromme Politikverdrossenheit!“

Gegen eine "fromme Politikverdrossenheit" hat sich der Leiter des Gießener "Instituts für Ethik und Werte", Stephan Holthaus, ausgesprochen. Christen dürften sich nicht unter Berufung auf die Jenseitigkeit von Gottes Reich aus der Politik zurückziehen, sagte Holthaus am vergangenen Donnerstag vor den Teilnehmern des Treffens "Christen in der Politik".
Von PRO

Von Holger Seitz

Stephan Holthaus ist davon überzeugt: „Das Verhältnis der Christen zu Staat und Politik ist eine der wichtigsten Fragen des Glaubens.“ In seinem Vortrag warnte der Theologe davor, dass die Kirche die Belange des Staates bestimme. „Dann wird die Kirche zur Diktatur und das innerweltliche Engagement verhindert den eigentlichen Auftrag, das Evangelium zu verkünden.“ Genauso falsch sei es aber auch, wenn der Staat die Kirche beherrsche und unterdrücke. Am Beispiel der Herrschaft im Dritten Reich oder in kommunistischen Ländern wie Russland und China werde deutlich: „Erhöht sich der Staat zur totalitären Ideologie, wird er selbst zum Götzen.“

„Christen sollen Salz und Licht sein“

Auf der einen Seite droht also die Gefahr politischer Ideologien und Diktaturen und auf der anderen eine Sinnentleerung des Evangeliums. Die Antwort darauf könne jedoch keinesfalls ein Rückzug aus der Politik sein, so Holthaus. Viele Vertreter dieser „frommen Variante der säkularen Politikverdrossenheit“ begründeten dies mit der Bibel. Allerdings betonten sie dabei einseitig die Jenseitigkeit des Glaubens. Jesus Christus habe seine Nachfolger jedoch dazu aufgerufen, „Salz und Licht der Welt“ zu sein, sagte der Leiter des „Instituts für Ethik und Werte“, einer Einrichtung der Freien Theologischen Akademie Gießen. Die Schnittmenge von Glaube und Politik seien daher Christen, die sich in der Gesellschaft engagierten nach dem biblischen Motto: „Suchet der Stadt Bestes.“

Spannung zwischen Amt und Glauben

Über die Konflikte, die sich hieraus für das politische Tagesgeschäft ergeben können, berichtete der Bürgermeister der hessischen Stadt Frankenberg, Christian W. Engelhardt. Seit dem 1. Mai 2004 ist das gewählte politische Oberhaupt für das Wohl von fast 20.000 Menschen verantwortlich. „Das bringt mich als Christen immer wieder in knifflige Situationen, in denen nicht von vornherein klar ist, was denn nun die richtige ethische Entscheidung ist“, räumte der 35-jährige Kommunalpolitiker ein.

„Du lebst vor den Augen der Bevölkerung, die aus eigener Erfahrung beurteilen kann, ob das, was Du sagst, mit dem übereinstimmt, was Du lebst. Dein ganzes Leben steht ständig auf dem Prüfstand“, beschrieb Engelhardt den Spagat zwischen persönlicher Überzeugung und mehrheitsfähiger Politik. So könne er seinen Glauben immer wieder einbringen, wenn er beispielsweise Altersjubilaren „Gottes Segen“ wünsche. Andererseits sei er aber als Bürgermeister nicht den Interessen einzelner Christen oder Gemeinden verpflichtet, sondern den Bürgerinteressen als Gesamtheit.

Das habe er als Herausforderung erfahren müssen, als das Stadtparlament das Baugesuch einer freikirchlichen Gemeinde aufgrund geltenden Baurechts sowie wegen den Interessen der Stadtentwicklung ablehnen musste. „Da verstehen dann meine Brüder und Schwestern nicht immer, dass ich so handeln muss.“

Steeb: „Missionsauftrag Jesu befolgen“

Der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, dankte den anwesenden Kommunalpolitikern für ihren Einsatz in der Gesellschaft. Steeb ermutigte die Amtsträger, sich im Gebet an den lebendigen Gott zu wenden. Gleichzeitig rief er die Christen dazu auf, für Politiker auf allen Ebenen zu beten.

Die Evangelische Allianz bringe sich mit den verschiedenen Arbeitskreisen offensiv in die gesellschaftliche Diskussion ein. Das sei notwendig, so Steeb, um dem Missionsauftrag in dieser Welt gerecht zu werden. (PRO)

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