„Hier gibt es keinen Gott“

Über vier Monate lang war der "Bild am Sonntag"-Reporter Marcus Hellwig Gefangener des iranischen Regimes. In einem Foltergefängnis in Täbris hörte er die Schreie seiner Mitinsassen und erlebte die Grausamkeiten der Wärter am eigenen Leib. Heute hat er seine Freiheit wieder – und ein Buch über das Erlebte geschrieben. pro hat den Journalisten in Berlin getroffen.
Von PRO

Die Freiheit ist für Marcus Hellwig wieder Alltag geworden. In einem Berliner Café hantiert er abwechselnd mit zwei Handys, bestellt Latte Macchiato und Coca Cola Zero, sein Cabriolet parkt direkt vor der Tür. Manchmal fällt es schwer, dem schnellen Takt seiner Worte zu folgen. Er spricht vom Libanon, der Ukraine, vom ehemaligen Jugoslawien – und vom Iran. Mit Ländern wie diesen hat er sich als Kriegsberichterstatter und Reporter beschäftigt, manche hat er auch bereist. Seine Recherche im Iran wurde ihm zum Verhängnis.



Steinigung nach angeblichem Ehebruch



An einem Berliner Sommernachmittag hört Hellwig zum ersten Mal vom Schicksal Sakineh Ashtianis. Ein iranischer Freund berichtet ihm von der Frau, die angeblich Ehebruch begangen haben und deshalb gesteinigt werden soll. In ein weißes Tuch gehüllt würde sie bis zu den Knien oder zur Brust eingegraben und von einer Menschenmenge so lange mit faustgroßen Steinen beworfen, bis der Stoff tiefrot und sie nicht mehr am Leben wäre. Für Hellwig ist das Lynchjustiz im staatlichen Auftrag, wie er in seinem im Februar erschienenen Buch "Inschallah – Gefangen im Iran" schreibt. Er ist schockiert und beginnt, zu recherchieren, knüpft Kontakte, beantragt ein Visum.



Am 9. Oktober 2010 fliegen Hellwig und der Fotograf Jens Koch von Berlin-Tegel nach Istanbul und weiter nach Teheran. Am 10. Oktober treffen sie Sajjad Ghaderzadeh, den Sohn Ashtianis, und dessen Anwalt Hutan Kian. Noch während des Gesprächs stürmen iranische Sicherheitskräfte das Büro des Juristen. Die Gruppe wird festgenommen. Der Vorwurf: Spionage. Hellwig und sein Kollege waren ohne Arbeitsvisum in den Iran gereist. "Glauben Sie an Gott?", fragt ihn ein Wärter im iranischen Geheimgefängnis kurz nach seiner Verhaftung. "Ja", antwortet der Protestant Hellwig. Das sei gut, entgegnet die Wache. "Sie wissen, dass im Iran auf Spionage die Todesstrafe steht. Beten Sie zu Ihrem Gott." Das tut Hellwig, auch wenn er an einem Ort gelandet war, von dem selbst ein iranischer Folterer ihm versicherte: "Hier gibt es keinen Gott."



Die ausführliche Geschichte des Journalisten Marcus Hellwig in seiner Gefangenschaft im Iran lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Christlichen Medienmagazins pro, das sie kostenlos unter der der Telefonnummer 06441/915-151 bestellen können.

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