Hessischer Kulturpreis ohne muslimischen Preisträger

Die Verleihung des Hessischen Kulturpreises findet in diesem Jahr ohne einen muslimischen Religionsvertreter statt. Nach einer Auseinandersetzung unter den Preisträgern änderte das Kuratorium des Preises seine Entscheidung und vergibt im Juli nur noch drei Auszeichnungen. Das teilte die Landesregierung in Wiesbaden am Mittwoch mit.
Von PRO

Das Kuratorium wollte in diesem Jahr darauf aufmerksam machen, dass Religion ein entscheidender Bestandteil des kulturellen Lebens in einer freien Gesellschaft sei. Betont wurde der friedliche und gemeinschaftsbildende Einfluss der Religionsgemeinschaften. Für ihr Engagement bei der Förderung der interreligiösen Dialogs sollen nun der frühere evangelische Kirchenpräsident von Hessen und Nassau, Peter Steinacker, der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, und der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Salomon Korn, geehrt werden. Der Preis ist mit 45.000 Euro dotiert und soll am 5. Juli verliehen werden.

Ursprünglich war auch der türkische Wissenschaftler Fuat Sezgin, der an der Frankfurter Universität gelehrt hatte, als Preisträger vorgesehen. Dieser lehnte die Auszeichnung aber ab, da Korn den jüngsten israelisch-palästinensischen Konflikt zu einseitig kommentiert habe. Sezgin habe den Preis auf Grund seines politischen und kulturellen Verständnisses nicht annehmen können.

Schließlich machte sich die Jury auf die Suche nach einem neuen Preisträger mit islamischem Hintergrund. Sie stieß dabei auf den Publizisten und Schriftsteller Navid Kerami. Dieser stammt ursprünglich aus dem Iran, ist aber in Deutschland aufgewachsen und Mitglied der Islamkonferenz in Deutschland. Bei den anderen Preisträgern traf der Vorschlag auf Zustimmung.

„Kreuzen gegenüber negativ eingestellt“

Die freundliche Stimmung änderte sich jedoch an Ostern, als sich der Publizist negativ über die Bedeutung des Kreuzes im Christentum äußerte. In einem Essay über das Kreuz schrieb er in der „Neuen Züricher Zeitung“: „Kreuzen gegenüber bin ich prinzipiell negativ eingestellt.“ Weiter sagt er: „Für mich formuliere ich die Ablehnung der Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung und Idolatrie [Götzendienst].“ Daraufhin lehnten Kardinal Lehmann und der ehemalige Kirchenpräsident Steinacker den neuen Kandidaten ab. Sie würden wegen der stark fundamentalen und unversöhnlichen Angriffe auf das Kreuz, das als zentrales Symbol des christlichen Glaubens gelte, den Preis nicht annehmen, wenn er gleichzeitig an Kermani verliehen würde.

Die Idee, den Beitrag der drei Religionen zur Gesellschaft in Deutschland gemeinsam zu würdigen, sei in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr durchführbar, gab die Jury bekannt. „Nach den geschilderten Erfahrungen betrachtet das Kuratorium mit großem Bedauern dieses Projekt als vorläufig gescheitert.“ Aber das Kuratorium will den Vorfall nicht verschweigen, sondern damit öffentliche Debatten anregen, um aus den Erfahrungen zu lernen. Die Möglichkeit, den drei ausgewählten Repräsentanten den Preis abzusprechen, erscheine dem Auswahlauschuss als nicht vertretbar. Somit erhalten Anfang Juli nur drei der ursprünglich vier vorgesehen Vertreter Auszeichnung.

Öffentlicher Disput geplant

Neben der Verleihung will das Gremium die Preisträger sowie Sezgin und Kermani zu einem öffentlichen Streitgespräch einladen. „Die Erkenntnis, dass für eine bestimmte Entscheidung die Zeit offenbar nicht reif war, schließt die Verpflichtung ein, an der Verwirklichung der Ziele festzuhalten“, heißt es in der Erklärung der Jury.

Dem Kuratorium gehört auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) an. Weitere Mitglieder sind die Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Eva Kühne-Hörmann (CDU), und der Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Hellmut Seemann. (PRO)

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