Der Journalist Heribert Prantl forderte die Geistlichen beim Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrertag auf, sich gegen politische Vereinnahmung zu wehren. Während in der Gesellschaft die „ausgeübte Religiosität“ zurückgehe, nehme zugleich die „Politisierung von Religion“ zu, sagte Prantl laut einem Bericht des Evangelischen Pressedienstes (epd). Als Beispiel nannte er die von der bayerischen Staatsregierung im Juni 2018 eingeführte Regelung, im Eingangsbereich aller Behörden Kreuze aufzuhängen. „Dies ist keine Respektsbezeugung, das ist ein Missbrauch. Das ist die politische Instrumentalisierung einer religiösen Kernbotschaft“, sagte Prantl, der seit 2011 Mitglied der SZ-Chefredaktion ist und seit Anfang 2018 das Meinungsressort der Zeitung leitet.
Das Kreuz sei „nicht Folklore, es ist kein religiöses Hirschgeweih“, sagte der Journalist. Es sei das „Symbol für Erlösung, Sinnbild des Leidens und der Herrschaft Christi“. Die CSU habe daraus eine „Mia san mia“-Botschaft gemacht. „Das ist nicht christlich, das ist Ketzerei – weil es das Kreuz verstaatlicht und säkularisiert.“ Die Kirchen müssten sich „gegen die blasphemische Vereindeutigung des Kreuzes“ wehren. Die CSU dürfe das Kreuz nicht als Dominanzsymbol ihrer Politik und als „Akt der Ausgrenzung gegen den Islam“ einsetzen.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur idea sagte Prantl angesichts der sich häufenden Berichte über sexuelle Gewalt gegen Kinder in der Katholischen Kirche, Geistliche seien als Gewalttäter und Angstmacher aufgetreten. Zwar sei dieses Problem in den evangelischen Kirchen nicht so grassierend. Dennoch verbreite sich die ausgeübte Gewalt wie ein „stinkendes Gas“. Sie vergifte alles und liege auch vor der Tür der anderen Konfessionen. Die Kirchen hätten Vertrauen und Respekt eingebüßt. Ein Generalverdacht infiziere alles Kirchliche.
„Beim Thema Kirchenasyl nicht einschüchtern lassen!“
Beim Thema Kirchenasyl ermutigte der Journalist die anwesenden Pfarrerinnen und Pfarrer, sich „nicht einschüchtern zu lassen, auch wenn es welche gibt, die schimpfen, den Flüchtlingen würde alles nachgeschmissen“.
Er mahnte zugleich an, Benachteiligte in der Gesellschaft nicht aus den Augen zu verlieren. Die Kirche habe Gesten und Rituale, die Menschen groß machen: „Lassen Sie diese Worte und Gesten die Menschen spüren.“ Kirchen müssten der Ort sein, „an dem der Himmel offen ist“, sagte Prantl und fügte hinzu: „Nicht nur für die, die sich in der angeblich richtigen und wahren Kirche wähnen, sondern für alle, die an Gott glauben.“
Heribert Prantl erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den Hildegard Hamm-Brücher Preis für Demokratie, den Theodor-Wolff-Preis und einen Ehrendoktor des Fachbereichs Theologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Prantl ist Autor mehrerer Bücher, darunter „Der Zorn Gottes – Denkanstöße zu den Feiertagen“ und „Gebrauchsanweisung für Populisten. Wie man dem neuen Extremismus das Wasser abgräbt“. Vor einem Jahr erschien sein Buch „Die Kraft der Hoffnung. Denkanstöße in schwierigen Zeiten“.
Von: Jörn Schumacher/epd