In dem Interview nimmt der SPD-Politiker Stellung zu der Diskussion um den Hausunterricht in Deutschland. Bei Eltern, die ihre Kinder im eigenen Haus unterrichten, handle es sich um Menschen, „die alle anderen Bildungsangebote ablehnen“, so der 45-Jährige. „Durch den Hausunterricht wollen sie den Horizont ihrer Kinder nicht erweitern, wie es die Schule täte, sondern künstlich einengen. Wir dürfen nicht tolerieren, dass Eltern ihre Kinder so lebensfern erziehen.“
In seinem neuen Amt beschäftigt sich der evangelische Theologe mit den Gefahren, die von Sekten ausgehen. Seiner Meinung nach bezeichne sich eine Sekte „zunächst einmal nicht als solche“. „Was die Politik zu interessieren hat, sind Gruppen, die mit auffälliger Werbung Menschen in sich hineinziehen und es ihnen anschließend schwer machen, die betreffende Gruppe wieder zu verlassen“, sagte Thießen gegenüber der Zeitung.
Auch im christlichen Bereich gebe es „kleine Splittergruppen, die in geschlossenen Lebensgemeinschaften auf dem Lande“ lebten. „So lange sie sich im Umfeld einer verfassten Kirche bewegen, halte ich sie aber nicht für sonderlich gefährlich. Aufpassen sollte man allerdings, wenn Kinder hineingezogen werden“, so der Bundestagsabgeordnete. Aber in den christlichen Kirchen herrsche eine „gute und lange Tradition der Offenheit“.
„Staat soll Scientology verbieten“
Thießen nahm zudem Stellung zu einem möglichen Verbot von Scientology. Er begrüße es, dass die Organisation in Berlin vom Verfassungsschutz beobachtet werde. „Der Staat muss da eingreifen, wo die Verfassung verletzt wird.“ Sobald ausreichend Anhaltspunkte gegen Scientology vorhanden seien, solle die Gruppierung verboten werden, so der Sektenbeauftragte. „Wenn Scientology Jagd auf den Staat machen will, werden wir sie daran hindern.“
Zudem plant der Theologe eine „zentrale, bundesweite Hotline“ für Sektenaussteiger, die staatlich organisiert sein soll. Von kirchlicher Seite hofft er auf eine enge Zusammenarbeit in Bezug auf „das Sammeln von Quellen über Sondergemeinschaften und Sekten“.
Thießen ist seit September Sektenbeauftragter der SPD-Bundestagsfraktion. Der ehemalige Pastor aus Schleswig Holstein war von 2002 bis 2005 Direktor und Professor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr. Seit dem Jahr 2005 ist er Mitglied im Bundestag.