Hassobjekt Christ

"Betet für uns, solidarisiert euch mit uns!" Das ist der Appell von Christen aus Ländern, in denen religiöse Minderheiten diskriminiert werden. Bei der internationalen Konferenz "Menschenrecht 'Religionsfreiheit'" Anfang der Woche in München berichteten sie von der Situation in ihrer Heimat – von Ausgrenzungen, Anschlägen, Arbeitslagern und Hoffnungszeichen
Von PRO
Seit der Irak offiziell demokratisch ist, hat sich nichts für die Christen im Land gebessert, sagt Basile Georges Casmoussa: Christen werden umgebracht, enteignet und entführt. Entführt wurde er selbst auch schon einmal. Er ist Kurienerzbischof im Patriarchat der syrisch-katholischen Kirche von Antiochien in Beirut. "Jeder Nichtmuslim im Irak ist Bürger zweiter oder dritter Klasse", sagte er. Der politische Islam wolle die Scharia als allgemeingültige Rechtsgrundlage einführen, Staat und Religion instrumentalisierten sich dabei gegenseitig. Religionswechsel sei verboten, Ehe zwischen Muslimen und Christen ebenso, berichtete der Geistliche. Tausende irakische Christen wanderten aus oder seien evakuiert worden.

Dass Europa irakische Flüchtlinge aufnehme, sei letztlich keine Lösung für das Problem selbst: "Wir müssen Lösungen bei uns zuhause finden. Christen und Muslime müssen zusammenarbeiten, um unsere Länder wieder aufzubauen. Helfen Sie, dass die christliche Bevölkerung bleiben kann." Ziel müsse es sein, so Chamoussa, eine Zivilgesellschaft östlicher Natur aufzubauen, in der alle Bürger die gleichen Rechte haben. "Bitte machen Sie unsere Situation mit Äußerungen, Karikaturen oder Filmen nicht schlimmer. Wir müssen den Preis dafür bezahlen und gelten als Handlanger des atheistischen Westens."

"Essen statt Waffen"

Das sagte auch der Erzbischof von Jos in Nigeria, Ignatius Ayau Kaigama: "Blasphemie gegen den Islam in anderen Teilen der Welt bekommen Christen in Nigeria zu spüren, deshalb werden bei uns Menschen getötet." Von einer generellen Christenverfolgung in Nigeria könne man aber nicht sprechen. Die fortdauernden Angriffe gegen Christen gingen vor allem von der radikalen islamistischen Gruppe "Boko Haram" aus und seien auf eine Region im Nordosten des Landes beschränkt. Keiner wisse genau, wer hinter der Gruppe steckt, wer Geld und Waffen liefert. Im Grunde richteten sich die Attacken gegen die westliche Zivilisationsform. Auch öffentliche Gebäude und Moscheen würden angegriffen.

Wie Kaigama sagte, gebe es keinen organisierten Widerstand von Christen gegen die Angriffe. Nur eine Minderheit auf beiden Seiten sei für die Gewalt verantwortlich. Aber die religiösen Spannungen nähmen zu. Menschen lebten in Angst, bei Gottesdiensten seien Sicherheitsdienste anwesend. "Helfen Sie uns, Krieg zu vermeiden", appellierte er an die Teilnehmer der Menschenrechts-Konferenz. "Verkaufen Sie Essen statt Waffen." Kaigama berichtete auch von positiven Beispielen des Zusammenlebens. So sei er zum muslimischen Fastenbrechen eingeladen worden und habe ein interreligiöses Jugendzentrum gegründet, in dem junge Christen und Muslime für zwei Jahre zusammen leben und lernen.

"Nicht würdig für deutsche Medien"


Ein hoffnungsvolles Beispiel in Afrika ist für Rainer Rothfuß die Unabhängigkeit des Südsudan. Wie der Professor für Humangeographie von der Universität Tübingen sagte, seien 93 Prozent der Bevölkerung Christen, 2 Prozent Muslime, der Staat sei jedoch säkular. Obwohl die Menschen in der Region über Jahrzehnte durch Sklaverei und Überfälle unterdrückt worden seien, wolle der Südsudan als Vermittler zwischen den Anrainerstaaten des Nil auftreten und bemühe sich um ein friedliches Verhältnis zum nördlichen Sudan. Dort lebten Christen aber weiterhin unter "struktureller Diskriminierung, die von deutschen Medien nicht als würdig erachtet wird, um thematisiert zu werden", sagte Rothfuß. Die 20 Prozent schwarzafrikanische Christen gälten im Norden als Staatenlose, hätten also keine Bürgerrechte oder würden ausgewiesen. Es gebe Anschläge gegen Christen und ethnische Säuberungen.

Krumme Hälse im "Gottesstaat"


"Bitte betet für uns, damit wir nicht am Glauben verzweifeln". Das sei die dringende Bitte von Christen in Nordkorea, sagte Markus Rode, der Leiter des Hilfswerkes "Open Doors" in Deutschland. Etwa 70.000 Christen lebten unter schlimmsten Bedingungen in Arbeitslagern, was in der Regel auch bedeute, sie sterben dort. "Christen werden am härtesten gefoltert und am meisten gehasst. Es sind Zustände, die man mit Worten nicht beschreiben kann", berichtet Rode.  Wer singt, dem werde ins Gesicht getreten. Manchen seien die Hälse krumm gewachsen, weil es ihnen verboten sei, nach oben – zu Gott – zu schauen. Der einzige Gott, so wolle es das Regime, sei Kim Il-Sung, der bereits verstorbene erste Regierungschef des Landes. Entsprechend groß sei der Hass auf Christen, weil sie einen anderen Gott anbeten.

Geheimdienste würden speziell dafür ausgebildet, Christen an ihren Verhaltensweisen, am Gebet oder an christlichen Festen, zu erkennen. Das Regime schaffe ein Klima von Angst und Misstrauen. Schon Schüler lernten, sich gegenseitig zu denunzieren. Für christliche Eltern sei das Risiko sehr hoch, ihren Kindern vom Glauben zu erzählen, so Rode. Vier offizielle Kirchen gebe es in Nordkorea: "Showkirchen, wo für ausländische Touristen und Delegationen mit Schauspielern Gottesdienste stattfinden." Trotzdem wachse die Zahl der Christen in Nordkorea, berichtete Rode. Auf 200.000 bis 400.000 werde sie geschätzt. "Das sind keine isolierten Christen: Es gibt ein Netz von Hausgemeinden, es gibt Leib Christi in Nordkorea."

"Wir müssen als Christen zusammenstehen"


Auch in China gibt es immer mehr Christen. Die Zahl der Protestanten sei seit 1949 um das Zwanzigfache gestiegen, die der Katholiken habe sich vierfacht, sagte Katharina Wenzel-Teuber vom China-Zentrum in St. Augustin. Die katholische und evangelische Kirche seien staatlich anerkannt. Das bedeute aber auch, dass sie sich den politischen und bürokratischen Strukturen unterordnen müssten. So mische sich der Staat auch in innerkirchliche und personelle Angelegenheiten ein, und erwarte Unterstützung in politischen Belangen. "Die Christen in China sind so frei wie ein Vogel im Käfig, der kann mal größer und kleiner sein", sagte die China-Expertin. Probleme hätten vor allem die nicht offiziell anerkannten Untergrundgemeinden. Die gebe es vor allem im evangelischen Bereich mit verschiedenen theologischen Ausrichtungen. Sie würden oft toleriert, aber in einigen Teilen Chinas auch massiv verfolgt, inhaftiert und misshandelt. "Der Staat reagiert sehr empfindlich, wenn sich jemand der Religionskontrolle widersetzt." Mitglieder der Kommunistischen Partei dürfen keiner Religion angehören. Damit sind allen Gläubigen öffentliche Ämter verschlossen.

"So gut wie uns Christen in Deutschland geht es sonst kaum einer Religionsgemeinschaft", sagte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick bei einer abschließenden Gesprächsrunde der Menschenrechts-Konferenz. Er rief dazu auf, sich mit verfolgten Christen zu solidarisieren, für sie zu beten und ihre Situation öffentlich zu machen. "Was gewusst wird, kann auch verändert werden", so der Katholik. Religionsfreiheit solle aber als "Sache der Menschenwürde" grundsätzlich für alle Religionen eingefordert werden. Auch der Beauftragte der Evangelischen Allianz am Sitz der Bundesregierung und des Bundestags, Wolfgang Baake, mahnte die christliche Verantwortung an: "Wir müssen uns als Christen jetzt in die Puschen machen, die Situation der verfolgten Christen in die Öffentlichkeit zu bringen. Dabei sollten wir nicht unterscheiden, welcher Konfession sie angehören. Wir müssen als Christen zusammenstehen. Diese Solidarität sind wir ihnen um Gottes Willen schuldig."
 
Die internationale Konferenz "Menschenrecht Religionsfreiheit" wurde veranstaltet von der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung in Zusammenarbeit mit der ökumenischen Gemeinschaft "Sant’Egidio".  (pro)
http://www.israelnetz.com/gesellschaft/detailansicht/aktuell/christenwanderung-im-heiligen-land/#.UJuRY67DC70
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft.html?&news[action]=detail&news[id]=5954
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