Handys: künftig mehr Schutz vor gefährlichen Inhalten?

B r ü s s e l (PRO) - Europas führende Handyfirmen haben sich zu einem stärkeren Schutz von Kindern und Jugendlichen verpflichtet. 15 Mobilfunk- und Softwareanbieter einigten sich dazu am heutigen Dienstag in Brüssel auf einen entsprechenden Verhaltenskodex.
Von PRO

Branchengrößen wie T-Mobile und Vodafone, aber auch Anbieter von Klingeltönen und anderen Handy-Inhalten wie Klingeltonanbieter Jamba wollen bis zum kommenden Jahr genaue Regeln zur Selbstkontrolle der Branche ausarbeiten.

Immerhin hat laut Angaben aus Brüssel jedes zweite Kind zwischen 6 und 13 Jahren ein eigenes Mobiltelefon. Zunehmend kursieren aber Inhalte auf den multimedial ausgestatteten Geräten, die nicht für Kinder geeignet sind.

Die Unternehmen wollen in den nächsten zwölf Monaten jugendgefährdende Inhalte auf Mobiltelefonen identifizieren und sperren. Zudem wollen sie Eltern und Kinder mit Werbekampagnen auf Gefahren hinweisen. Ziel ist es, mit Hilfe technischer Codes Handys für Kinder sicherer zu machen. Damit soll der Zugriff auf Gewalt- oder Pornofilme über das mobile Internet erschwert werden. Zugleich wollen die Firmen den Missbrauch von Handykameras für Gewaltvideos oder die Kontaktaufnahme durch Pädophile so schwierig wie möglich machen. Die Unternehmen verwiesen aber auch darauf, dass sie den Eltern ihre Verantwortung für die Handy-Nutzung ihrer Kinder nicht abnehmen könnten.

Die EU-Kommissarin für Medien, Viviane Reding, lobte die Selbstverpflichtung als einen wichtigen Schritt für den Schutz von Kindern. Die Kommission werde überwachen, dass die Zusagen auch eingehalten werden. Reding forderte alle Internetanbieter auf, sich dem Vorbild der Mobilfunkunternehmen anzuschließen. Laut Reding sind die Gefahren für Minderjährige durch den Internetzugang auf vielen Handys deutlich gestiegen.

Medienwissenschaftlerin fordert Handy-Kunde im Unterricht

Mit pädagogischen Maßnahmen will die Erfurter Medienwissenschaftlerin Iren Schulz die Medienkompetenz im Umgang von Schülern verbessern. Sie fordert eine Art „Handy-Kunde“ im Unterricht. In einem dpa-Gespräch sagte sie, der Mobilfunk spiele inzwischen eine entscheidende Rolle bei der Identitätsfindung von Jugendlichen. „Darauf hat die Pädagogik bislang kaum reagiert“, so Schulz. „Schlichte Handy-Verbote in der Schule wie in Bayern lösen das Problem nicht.“ Schulz arbeitet an der Erfurter Universität an einer Studie über die Bedeutung von Handys in sozialen Beziehungen von Jugendlichen.

Als schwerwiegendes Problem bezeichnete die Wissenschaftlerin die Tauschbörsen, bei denen vor allem Jungen kleine Filme mit Gewalt- und Pornoszenen austauschten. Darunter seien Szenen, die auf dem Index stünden, etwa die Erhängung des irakischen Diktators Saddam Hussein oder Folterungen russischer Soldaten. Welche Bedeutung die Clips für die Jugendlichen haben, sei bislang nicht eindeutig erforscht. „Ich glaube, es ist ähnlich wie früher bei den ersten Sex- oder Horrorfilmen, die man sich heimlich angesehen hat: Man ekelt sich, aber es muss sein, als Mutprobe oder aus Gruppenzwang“, sagte Schulz. „Welchen Einfluss das auf das Weltbild der Jugendlichen hat und wie groß die Risikogruppen sind, müssen wir erst noch herausfinden.“

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