Für Gregor Gysi war nicht alles schlecht in der DDR. Dass er das ausgerechnet in einer Bundestags-Gedenkstunde anlässlich des Mauerfalls äußern muss, verhöhnt die Opfer. Ein Kommentar von Anna Lutz
Gregor Gysi hat in einer Gedenkstunde an den Fall der Mauer erklärt, viele Deutsche sehnten sich nach der sozialen Sicherheit in der DDR
Am Freitag geschah etwas, das im Deutschen Bundestag selten ist. Politiker, die seit Jahrzehnten im Parlament arbeiten, waren nahe dran, ihre Fassung zu verlieren. Gerda Hasselfeldt (CSU) brach die Stimme an ein oder zwei Stellen ihrer Rede, Iris Gleicke (SPD) versagte sie kurz völlig. Katrin Göring-Eckardt sprach über ihre Familie, politische Debatten am Küchentisch und die Sehnsucht nach Freiheit. Zum Gedenken an den Mauerfall hatte der Deutsche Bundestag fünf Abgeordnete ans Rednerpult gebeten, die den 9. November 1989 selbst miterlebt hatten. Zu ihnen gehörte leider auch Gregor Gysi (Die Linke).
Denn was der Linken-Fraktionschef am Morgen ablieferte, dürfte nicht nur jenen bitter aufgestoßen sein, die den Fall der Mauer selbst miterlebt haben. Während Hasselfeldt, Gleicke, Göring-Eckardt und Arnold Vaatz (CDU) der Opfer des Unrechtstaates gedachten, politische Aktivisten würdigten und ihre eigenen bewegenden Geschichten erzählten, konnte Gysi es sich nicht verkneifen, mutmaßliche Errungenschaften der DDR zu würdigen. Zwar sprach er vom Fall der Mauer als „Befreiungsschlag“ und nannte die DDR eine „Diktatur“. Nur wenige Sekunden später aber erklärte er, Westdeutschland hätte nach der Wende doch besser einige Dinge aus dem Osten übernommen: Das gut ausgebaute Kita-Netz etwa. Er wies außerdem darauf hin, dass sich heute viele Deutsche nach der sozialen Sicherheit in der DDR sehnten.
Gysi hat damit nicht nur die Opfer der SED verhöhnt, die sich im Gefängnis garantiert nicht über ihre soziale Sicherheit freuen konnten. Er hat auch eine wichtige Chance vertan. Landauf, landab wird gerade eine rot-rot-grüne Landesregierung unter Führung Bodo Ramelows diskutiert. Ist die Linke so weit? Diese Frage geistert durch die Medien und die Köpfe der Menschen, sicher nicht nur in Thüringen. Die Antwort kann nur Nein lauten, wenn es der Linken in persona Gregor Gysi bis heute nicht möglich ist, über die DDR zu sprechen, ohne ihr nicht mindestens einen positiven Aspekt abgewinnen zu können. Gut, dass Liedermacher Wolf Biermann, der als Musiker zur Veranstaltung im Bundestag geladen war, schon vor den Reden feststellte, was viele danach sicherlich dachten: Er bezeichnete die Abgeordneten der Linken als den „elenden Rest dessen, was zum Glück überwunden wurde“. (pro)
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