Grüner Politiker Kretschmann: Kirche nur mit Humor auszuhalten

"Ich glaube, ohne Kirche kann man kein Christ sein." Das sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag und zukünftige Ministerpräsident Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann, in der Sendung "Gerwin trifft - was Prominente glauben". Dort erzählt der Politiker auch, warum er wieder in die katholische Kirche eingetreten ist.
Von PRO

In "Gerwin trifft – was Prominente glauben" spricht der Journalist und Theologe Hanno Gerwin mit Prominenten darüber, welchen Stellenwert der christliche Glaube in ihrem Leben hat. Die Sendung läuft in mehreren Privatsendern, beispielsweise "NRW TV" oder "BW Family.TV". In seiner aktuellen Sendung fragt Gerwin den grünen Politiker Winfried Kretschmann, wie dieser mit den Schwächen und Unvollkommenheiten der Kirche umgeht.

Obwohl Kretschmann als Student aus der Kirche ausgetreten ist, gab es keine Phase in seinem Leben, in der er sich "nicht mit Gott und der Kirche beschäftigt" habe. Inzwischen ist der 62-Jährige Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und engagiert sich beispielsweise im Diözesanrat des Bistums Freiburg. "Jesus ja, Kirche nein – das halte ich für einen blöden Spruch. Christ ist man in einer Gemeinschaft, das geht anders nicht", sagt der Politiker. Um wieder in eine Kirche einzutreten, müsse man seinen "Frieden mit der Institution gemacht haben". Dazu gehöre auch, dass man radikal das akzeptiere, "was einem nicht passt".

"Die katholische Kirche als historisch gewachsene Organisation hat ihre Riten, ihre Form, ihre Tradition. Sie ändert sich nicht schnell." Man müsse eine gewisse Souveränität dieser Institution gegenüber haben und wissen, dass "Jesus Christus das Haupt der Kirche ist, nicht der Papst, ein Bischof oder sonst irgendwer". Schwächen und Unvollkommenheiten müsse man ertragen und mit einer gewissen Gelassenheit darüber hinweggehen können. "Um in einer Kirche bleiben zu können, braucht man auch immer eine gute Portion Humor, sonst kann man vieles nicht aushalten", sagt der Grüne, der auch Vorträge hält zum Thema "Christ sein in der Politik"

"Ich fühle mich als ökumenischer Christ"

Manchmal muss er auch gegenüber der Partei gerade stehen für seine Kirche: "Wenn sich Leute aus der Fraktion über den Papst aufgrund einer seiner Äußerungen aufregen, legen mir die Kollegen Zeitungsausschnitte in mein Fach und schreiben drunter: ‚Wie geht’s denn in deinem Laden schon wieder zu!‘."

Meistens spreche er solche Themen den Kollegen gegenüber an, erzählt der dreifache Vater. Viele Dinge würden erst verständlich, wenn man sie erkläre. Man könne seiner Ansicht nach "durchaus loyal zu seiner Kirche sein", ohne dabei unkritisch zu werden. Obwohl es etliche Bereiche gebe, in denen er der evangelischen Kirche näher stehe als der katholischen, verspüre er trotzdem nicht den Drang, "evangelisch werden zu wollen". Kretschmann bezeichnet sich selbst als ökumenischen Christen: "Das allgemeine Priestertum ist meines Erachtens ein sehr authentisch biblischer Gedanke."

Am 12. Mai wird in Baden-Württemberg über das Amt des Landesvaters entschieden. Je nach Verlauf der Koalitionsverhandlungen könnte Kretschmann dann der erste grüne Ministerpräsident werden. Angst davor hat er nach eigenen Aussagen nicht. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" sagte der Politiker, man müsse immer mit dem Scheitern rechnen, dies gehöre auch zu seiner Grundausstattung als Christ. "Ich weiß, ich kann etwas bewirken in der Welt, aber ich habe nicht alles in der Hand. Aber was man machen kann: Mit Festigkeit an den eigenen Werten festhalten." Die Grünen hätten von den Wählern einen großen Vertrauensvorschuss bekommen. "Dieses Vertrauen müssen wir uns verdienen." 

Das komplette Interview mit Hanno Gerwin kann man online anschauen unter www.gerwin.de. (pro)

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