Große ökumenische Koalition auf dem Hessentag



Die große Koalition ist möglich - nicht nur in der Politik. Auf dem Hessentag, der im Juni in Wetzlar stattfindet, funktioniert dies auch auf ökumenischer Ebene. Erstmals ziehen Christen aus evangelischer und katholischer Kirche sowie den Freikirchen an einem Strang und haben ein gemeinsames Programm für das Hessenfest ausgearbeitet.
Von PRO

Die Initiative für ein gemeinsames Projekt im Juni 2012 wurde schon vor zwei Jahren angestoßen. Nachdem es für die Beteiligten eine längere Findungsphase gab, arbeiten sie mittlerweile gut zusammen. Theologische Unterschiede spielen bisher keine Rolle. Pfarrer Andreas Engelschalk, Projektbeauftragter der evangelischen Kirchen im Rheinland für den Hessentag 2012 in Wetzlar und damit für die Präsenz der Kirchen verantwortlich, verwendet dafür ein passendes Bild: "Wir wollen als Kirche nicht nur gute Gastgeber sein, sondern gleichzeitig mitfeiern. Wenn dann Gäste mit am Tisch sitzen, werden wir sicher nicht unsere theologischen Nickeligkeiten austragen."



"Gastfreundlich, fröhlich, glaubwürdig, nachdenklich sein und trotzdem den Menschen in der Hektik des Hessentags eine Orientierung geben", das erwartet der Bezirksreferent des Bistums Limburg, Hermann Bernhard. "Wir wollten vermeiden, dass jeder bei so einer großen Veranstaltung sein eigenes Süppchen kocht", ergänzt Andreas Engelschalk. "Hier in Wetzlar bildet die Evangelische Allianz einen Großteil der evangelischen Christen ab. Wir waren natürlich auch offen für die Zusammenarbeit mit der Katholischen Kirche", meint die Pastorin der Anskar-Kirche Wetzlar und Vorsitzende der Evangelischen Allianz Sabine Bockelim Gespräch mit pro. Wie wichtig Ökumene ist und wie sie konkret gelebt wird, weiß auch der evangelische Dompfarrer Björn Heymer aus eigener Erfahrung. Seine Kirche ist nicht nur der zentrale Standort für gemeinsame Aktionen, sondern auch ein Ort, an dem jeden Sonntag sowohl Katholiken als auch Protestanten ihren Gottesdienst feiern: "Wir haben hier ein gutes, über die Jahre gewachsenes Miteinander. Da war es klar, dass wir gemeinsam auftreten", freut sich Heymer.



Theologische Streitfragen beiseite lassen

Auf Allianzebene treffen sich die Wetzlarer bereits einmal jährlich bei einer öffentlichen Veranstaltung im Rathaus zum Gebet: "Dadurch und durch viele andere Aktionen ist ein gutes Miteinander entstanden. Für den Hessentag ist es uns wichtig, dass wir das große vorhandene Potential nutzen und wir Christen den Menschen in aktuellen Fragen etwas zu geben haben. Wir müssen dort präsent sein, wo wir hingehören und die Leute müssen merken, dass da Menschen sind, die Hoffnung vermitteln", wünscht sich Sabine Bockel.

Auch Pfarrer Björn Heymer freut sich auf ein schönes gemeinsames Fest: "Wir wollen es schaffen, die Herzen der Christen nicht zu zerteilen. Andere sollen von außen wahrnehmen, dass alle Partner ein Teil des Ganzen sind, in dessen Mitte nicht wir, sondern Jesus Christus steht." Aus Sicht von Engelschalk gelte es, offen und präsent zu sein, um die gestellte Herausforderung gemeinsam zu erfüllen.

Käßmann, Schneider und Löhr kommen



Während der zehn Tage im Juni erwarten die Christen in Wetzlar unter anderen den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, seine Vorgängerin Margot Käßmann sowie den Limburger Weihbischof Thomas Löhr. Musikalische Höhepunkte sind die Auftritte des norwegischen Künstlers Jan Garbarek und des deutschen Musikproduzenten Dieter Falk. "Es wird auch viele Veranstaltungen geben, bei denen wir auf große Namen verzichten und die ein Fest aller Christen hier vor Ort sein sollen", betont Heymer. "Wir wünschen uns einen Aha-Effekt, dass die Menschen merken, so kann Kirche auch sein", ergänzt Uta Barnikol-Lübeck, Öffentlichkeitsreferentin der Kirchenkreise Wetzlar und Braunfels. "Vielleicht finden Menschen in unseren Angeboten Ruhe, Trost und Sinn für ihr Leben."

Über das gemeinsame Angebot hinaus haben die Kirchen weitere separate Auftritte: Die zentral an der Hessentags-Meile gelegene Hospitalkirche soll als Himmelskirche ein niedrigschwelliges Angebot bereit halten, in dem die Menschen Kirche erleben können. Die katholische Kirche plant eine große Himmelstreppe zwischen Lahninsel und Steighausplatz. "Der Turm ist unsere Himmelstreppe. Von oben können die Besucher neue Perspektiven erleben und sind dem Himmel ein Stück näher", erklärt Hermann Bernhard. Damit der ökumenische Auftritt gelingen kann, werden noch ehrenamtliche Mitarbeiter gesucht. "Wir laden alle Interessierten ein, ihre Fähigkeiten in einem engagierten Team einzubringen, ihre Freude am Glauben zu teilen und andere einzuladen, eigene Glaubenserfahrungen zu machen", wünscht sich Bernhard.

Zudem werden drei Musicals ("Merci", "Elisabeth von Thüringen" und ein Musical über David) heimischer Künstler aufgeführt und es wird am 9. Juni einen Gottesdienst für die Motorradfahrer "Mit der Kutte zur Kanzel" geben. Die Allianz organisiert Auftritte auf der städtischen Bühne am Domplatz, bei der in Zusammenarbeit mit dem Verlagshaus "Gerth Medien" christliche Künstler auftreten.


Guter Gastgeber im Geist Christi


Gemeinsam für den Hessentag an einem Strang zu ziehen, bedeutet für Sabine Bockel, "Kräfte zu bündeln, Kreativität einzusetzen und Menschen zu erreichen". Andreas Engelschalk sieht in der Ökumene eine Möglichkeit, sich zu öffnen und Grenzen zu überwinden. Für Barnikol-Lübeck ist der Hessentag eine gute Gelegenheit, den Menschen Orientierung und Kraft zu schenken, während Pfarrer Björn Heymer ein "guter Gastgeber im Geist Christi" sein möchte. (pro)

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