Graumann antwortete damit auf die These des neuen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU), der erneut eine Debatte um den Satz ausgelöst hatte: "Der Islam gehört zu Deutschland." Dafür gebe es keine historische Belege, sagte Friedrich.
"Diese kulturhistorischen Debatten bringen uns nicht weiter", sagte Graumann der BamS. Der 60-Jährige: "Dass in der Vergangenheit der Islam Deutschland nicht so stark geprägt hat wie das Christentum oder das Judentum, kann man doch nur schwer bestreiten. Aber Deutschland ist im Lauf von Tausenden Jahren auch von anderen Kräften geprägt worden wie zum Beispiel der Aufklärung. Heute ist auch der Islam ganz sicher ein wichtiger Teil von Deutschland." Aus dem vielen "Gegeneinander" müsse man "ein Nebeneinander machen, am besten aber ein herzliches Miteinander", so Graumann. Deshalb habe ihm die Rede von Bundespräsident Christian Wulff am 3. Oktober sehr gut gefallen.
Graumann gab zu verstehen, dass unter den Muslimen Antisemitismus oft stark ausgeprägt sei. "Auf Sportplätzen und Schulhöfen hört man das Wort Jude viel zu oft als Schimpfwort. Die Verantwortlichen der muslimischen Communitys müssen dagegen viel mehr tun." Studien zeigten zudem, dass etwa 20 Prozent der Menschen in Deutschland antisemitische Einstellungen haben. "Ich will aber einfach nicht glauben, dass 16 Millionen Menschen hier judenfeindlich eingestellt sind." Juden säßen in Deutschland aber nicht mehr auf gepackten Koffern. "Wir sind hier zu Hause, wir wollen auch ausdrücklich hier zu Hause sein." Dass Papst Benedikt XVI. in seinem neuen Buch mit dem Vorurteil aufräume, die Juden seien schuld am Tod Jesu, nennt Graumann "ein wichtiges Zeichen für Freundschaft, Vertrauen und Versöhnung". Denn unter diesem Vorwand seien Juden 2000 Jahre lang verfolgt, ausgegrenzt und getötet worden.
Auf die Frage, was der spezifisch jüdische Anteil an der abendländischen Kultur sei, antwortete das Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Frankfurt: "Das Judentum hat die ganze Welt und besonders das Abendland mit moralischen Fundamenten versorgt." So entstamme das Gebot "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" aus dem Judentum, erinnert Graumann. Man finde es im dritten Buch Moses. Gleiches betreffe die Zehn Gebote, die "Fundamente von Zusammenleben zwischen Mensch und Mensch und Mensch und Gott".
Graumann wurde in Israel als David Graumann geboren. Seine Eltern gaben ihm, als er sechs Jahre alt war, den Namen Dieter. Seine Eltern waren in verschiedenen Konzentrationslagern und haben den Großteil ihrer Familien verloren.
Erstmals Buber-Rosenzweig-Medaille für Moslem
Am Sonntag erhielt der deutsch-iranische Schriftsteller und Islamwissenschaftler Navid Kermani als erster Moslem die Buber-Rosenzweig-Medaille. Die Auszeichnung der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit wurde bei der Eröffnungsfeier der "Woche der Brüderlichkeit" in Minden überreicht. Die Medaille, die nach den jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber und Franz Rosenzweig benannt ist, verleiht der Koordinierungsrat seit 1968. Zu den bisherigen Trägern zählen die ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau und Richard von Weizsäcker, Joschka Fischer (Grüne), der Dirigent und Pianist Daniel Barenboim und der Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt.
Kermani bezeichnete die Auszeichnung als "äußerst großzügige Geste", da es sich doch um christlich-jüdische Vereinigungen handle, die den Preis vergeben. "Viele Muslime haben diese Geste so verstanden, dass sie dazugehören." In seiner Rede kritisierte Kermani zudem Friedrichs Aussage, der Islam gehöre aus historischer Sicht nicht zu Deutschland. "Ich frage mich, wie wir unseren Kindern, dritte, vierte Generation, wie wir ihnen erklären sollen, dass das ihr Land, ihre Zukunft ist, wenn der deutsche Innenminister sagt: ‚Ihr gehört nicht dazu‘." Der Schriftsteller wurde als Sohn iranischer Eltern in Deutschland geboren und lebt in Köln.
Auch der evangelische Präsident des Koordinierungsrates der christlich-jüdischen Gesellschaften, Rickleff Münnich, betonte: "Die Muslime gehören zu Deutschland." Wer anders rede, der habe aus der christlich-jüdischen Geschichte nichts gelernt. "Und weil die Muslime zu Deutschland gehören, gehört auch der Islam zu Deutschland." (pro)
"Diese kulturhistorischen Debatten bringen uns nicht weiter", sagte Graumann der BamS. Der 60-Jährige: "Dass in der Vergangenheit der Islam Deutschland nicht so stark geprägt hat wie das Christentum oder das Judentum, kann man doch nur schwer bestreiten. Aber Deutschland ist im Lauf von Tausenden Jahren auch von anderen Kräften geprägt worden wie zum Beispiel der Aufklärung. Heute ist auch der Islam ganz sicher ein wichtiger Teil von Deutschland." Aus dem vielen "Gegeneinander" müsse man "ein Nebeneinander machen, am besten aber ein herzliches Miteinander", so Graumann. Deshalb habe ihm die Rede von Bundespräsident Christian Wulff am 3. Oktober sehr gut gefallen.
Graumann gab zu verstehen, dass unter den Muslimen Antisemitismus oft stark ausgeprägt sei. "Auf Sportplätzen und Schulhöfen hört man das Wort Jude viel zu oft als Schimpfwort. Die Verantwortlichen der muslimischen Communitys müssen dagegen viel mehr tun." Studien zeigten zudem, dass etwa 20 Prozent der Menschen in Deutschland antisemitische Einstellungen haben. "Ich will aber einfach nicht glauben, dass 16 Millionen Menschen hier judenfeindlich eingestellt sind." Juden säßen in Deutschland aber nicht mehr auf gepackten Koffern. "Wir sind hier zu Hause, wir wollen auch ausdrücklich hier zu Hause sein." Dass Papst Benedikt XVI. in seinem neuen Buch mit dem Vorurteil aufräume, die Juden seien schuld am Tod Jesu, nennt Graumann "ein wichtiges Zeichen für Freundschaft, Vertrauen und Versöhnung". Denn unter diesem Vorwand seien Juden 2000 Jahre lang verfolgt, ausgegrenzt und getötet worden.
Auf die Frage, was der spezifisch jüdische Anteil an der abendländischen Kultur sei, antwortete das Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Frankfurt: "Das Judentum hat die ganze Welt und besonders das Abendland mit moralischen Fundamenten versorgt." So entstamme das Gebot "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" aus dem Judentum, erinnert Graumann. Man finde es im dritten Buch Moses. Gleiches betreffe die Zehn Gebote, die "Fundamente von Zusammenleben zwischen Mensch und Mensch und Mensch und Gott".
Graumann wurde in Israel als David Graumann geboren. Seine Eltern gaben ihm, als er sechs Jahre alt war, den Namen Dieter. Seine Eltern waren in verschiedenen Konzentrationslagern und haben den Großteil ihrer Familien verloren.
Erstmals Buber-Rosenzweig-Medaille für Moslem
Am Sonntag erhielt der deutsch-iranische Schriftsteller und Islamwissenschaftler Navid Kermani als erster Moslem die Buber-Rosenzweig-Medaille. Die Auszeichnung der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit wurde bei der Eröffnungsfeier der "Woche der Brüderlichkeit" in Minden überreicht. Die Medaille, die nach den jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber und Franz Rosenzweig benannt ist, verleiht der Koordinierungsrat seit 1968. Zu den bisherigen Trägern zählen die ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau und Richard von Weizsäcker, Joschka Fischer (Grüne), der Dirigent und Pianist Daniel Barenboim und der Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt.
Kermani bezeichnete die Auszeichnung als "äußerst großzügige Geste", da es sich doch um christlich-jüdische Vereinigungen handle, die den Preis vergeben. "Viele Muslime haben diese Geste so verstanden, dass sie dazugehören." In seiner Rede kritisierte Kermani zudem Friedrichs Aussage, der Islam gehöre aus historischer Sicht nicht zu Deutschland. "Ich frage mich, wie wir unseren Kindern, dritte, vierte Generation, wie wir ihnen erklären sollen, dass das ihr Land, ihre Zukunft ist, wenn der deutsche Innenminister sagt: ‚Ihr gehört nicht dazu‘." Der Schriftsteller wurde als Sohn iranischer Eltern in Deutschland geboren und lebt in Köln.
Auch der evangelische Präsident des Koordinierungsrates der christlich-jüdischen Gesellschaften, Rickleff Münnich, betonte: "Die Muslime gehören zu Deutschland." Wer anders rede, der habe aus der christlich-jüdischen Geschichte nichts gelernt. "Und weil die Muslime zu Deutschland gehören, gehört auch der Islam zu Deutschland." (pro)